laut.de-Kritik
Doors für Leute, die die Doors hassen.
Review von Tom KüppersAch ja, das Schicksal. Es schlägt bei manchen öfter zu als bei anderen, und Black Rebel Motorcycle Club haben längst eine satte Portion davon abbekommen. Ihr letztes Album, das 2013 veröffentlichte "Specter At The Feast", geriet zur Trauerbewältigung und Hommage an den 2010 verstorbenen Micael Been, der Mentor und Soundmann der Band (sowie Vater von Bassist Robert Levon Been) wurde auf einem belgischen Festival aus dem Leben gerissen.
2014 dann der nächste Schock: Leah Shapiro muss sich wegen Chiari-Malformation einer Gehirnoperation unterziehen. Doch bereits knapp ein halbes Jahr nach diesem Eingriff sitzt die Schlagzeugerin wieder auf der Bühne und begibt sich mit ihren beiden Kollegen ins Studio wo die ersten Grundsteine zum neuen "Wrong Creatures" gelegt werden.
Knapp zweieinhalb Jahre hat die von Peter Hayes komplettierte Band an ihrem achten Album gearbeitet, vor allem weil es eins zu vermeiden gilt: die Wiederholung des bereits geschaffenen. Das werde aber immer schwieriger, lässt sich die Band zitieren. Material das nicht perfekt rockt und rollt, wird entsorgt und dieses Streben nach selbstdefinierter Perfektion dauert halt seine Zeit. Schon klar.
Man ist geneigt, gelangweilt abzuwinken, der Gag ist jedoch, dass "Wrong Creatures" tatsächlich ein von der ersten bis zur letzten Note packendes Hörerlebnis bietet. Schon die vier bereits vorab ausgekoppelten Tracks zeigen, dass Black Rebel Motorcycle Club ihrem Stil im großen und ganzen treu geblieben sind. "Little Thing Gone Wild" ist moderner Garagen-Blues, wie man ihn heutzutage nicht besser spielen kann, "King Of Bones" erinnert mit coolen Mini-Hooks und Synthie-Drive irgendwie an eine düstere Version diverser Blur-Hits, kombiniert mit einem Minihauch typisch unterkühlter Lou Reed-Monotonie in der Stimme.
"Haunt" hingegen geht in eine völlig andere Richtung. Melancholische Beats (ja, sowas gibt es), verhallte Töne, traumhaft dunkle Melodien - wenn Tarantino diese Nummer hört, schreibt er direkt das passende Drehbuch. Garantiert. "Question Of Faith" liegt dann genau dazwischen, und mischt relaxte Neunziger-QOTSA mit Ami-Psychedelic der spätem sechtziger Jahre - Doors für Leute, die die Doors hassen, quasi.
Doch dieses umwerfende Album hat noch mehr zu bieten. Der von Intro "DFF" eingeleitete Opener "Spook" ist der vielleicht leichtgängiste Song, der sich mit Twang-Gitarre und schönen Gesangslinien an die Ohren erst leise, dann vehement von hinten heranrockt. Das bekifft-sonnige "Ninth Configuration" schielt im Refrain fast schon in Richtung Britpop und das das phänomenal arrangierte "Echo" klingt wie Coldplay mit Eiern.
Trotz aller möglicher Querverweise und Referenzen (diese zu entdecken und zu ziehen bereitet aber auch wieder einen Höllenspaß) entpuppt sich "Wrong Creatures" als mal wieder auf hohem Niveau durchgängig starkes Werk eigenständiger Künstler, die das ausgelutschte Thema Rock’n’Roll schon seit eh und je auf ihre ganz eigene Art und Weise interpretieren. Und genau das ist an dieser Art Rockmusik so wunderbar, aus den Platten der letzten sechzig Jahre destilliert das Trio seine ureigene Essenz heraus.
4 Kommentare mit einer Antwort
Leider nicht so spannend das Album. Find's viel zahmer als hier beschrieben und zudem aalglatt produziert. Das konnten sie schon mal wesentlich besser.
Yep, bei mir zünden hier auch nur max 2-3 Songs.
Habe mir das Album noch länger angehört. Muss ein anderes sein wie vom Rezi. Absolut langweilig und ungerockt. Absolute Entäuschung max 2 Sterne
Also ich finds ziemlich umwerfend, ihr bestes Album seit dem allerersten. Wahrscheinlich sogar besser als das...
Eigentlich so ein klassisches 3/5 Album, wie sie es leider häufiger abliefern. Aber dann sind halt doch noch "Little Things Gone Wild" und vor allem "Question Of Faith" drauf, die zeigen, dass diese Band einfach immer noch verdammt gut sein kann. Live kann ich sie sowieso jedem empfehlen, der 2018 noch was mit Shoegazing und Konsorten anfangen kann. Das einfach nur dick und widerspricht der Frage, was denn aus diesem Rock n Roll geworden ist deutlich.