laut.de-Kritik

Warum nicht mehr "APT."?

Review von

Was für ein frustrierender Fake-Out. In der K-Pop-Formation Blackpink hatte Rosé konstant eine, genau eine Funktion: Sie war das emotionale Girl für die großen, emotionalen Pre-Chorusses und Bridges. Wenn man also einem Idol verziehen hätte, das unausweichlich langweilige Solo-Album voller Balladen-Wust zu bringen, wäre das sie gewesen.

Aber dann kommt sie auf der Lead-Single doch tatsächlich mit der absoluten Überraschung ums Eck. "APT." mit Bruno Mars war nicht nur der bisher mit Abstand beste Blackpink-Solo-Track und vermutlich die beste auf Tape festgehaltene Synergie zwischen westlichem und östlichen Idols - es war auch so ein erfrischender Kick Leben und Charakterisierung für Rosé. Die Funkiness, die Leichtigkeit, die Lebendigkeit - es hat einen Grund, dass dieses kondensierte Stück Pop-Meisterklasse, das drei Minuten nur eine Mega-Hook nach der anderen ballert, global sofort komplett durch die Decke ging.

Und was lernen wir daraus? Nichts! Einen absoluten Scheiß lernen wir daraus. "Rosie" ist genau das staubtrockene, langweilige Balladen-Album, von dem man erwartet hätte, das Rosé es macht. Zwölf Tracks lang unterscheidet sich das zimmerfühlige Break-Up-Beige nur darin, ob sie säuselt oder schreit. Klar, kann sie singen, klar, kann sie sogar sehr gut singen - aber am Ende kommt doch nur eine Sammlung an Gefühlsfühlerei zusammen, für die man schon eine richtige Berufssoldatin im Sad Girl-Heer sein muss, um es nicht ein bisschen eintönig zu finden.

Der abwesend-unterschwellige Lo-Fi von "Number One Girl" bis hin zum offensiven, melodramatischen Belting auf "Stay A Little Longer" macht die ganze Flügelspannweite dieses Albums her. Und hier muss man ein bisschen Respekt geben: Die Performances passen. Gerade auf Letzterem wirft sie durchaus alles, was sie hat, in diese großen, das Staffelfinale des Dramas adelnden Mega-Vocals. Auf Ersterem zeigt sie sich als Performerin in einer Verwundbarkeit, die fast schon an Fragilität reicht. Man kauft ihr durchaus ab, was sie sagt.

Würde sie doch nur ein bisschen interessantere Sachen sagen, hm? Die Lyrics auf diesem Album sind bland. Als Frivol wurde "Coffee Or Drinks" gelobt, aber im Grunde wiederholt sie dort über große Teile der Tracktitel nur die titelgebende Date-Einladung. "Call It The End" fühlt sich nicht mal wirklich wie Lyrics an, sondern nur wie Dialogfetzen aus einem Nachmittags-Melodram, die sich zufällig reimen. Es kann eine gute Idee sein, Lyrics sehr natürlich zu lassen, oft würde es mehr schaden, das Material zu overwriten und zu verkopfen. Das hier fühlt sich aber in seinem Versuch, den Naturalismus von einer Olivia Rodrigo auf "Driver's Liscence" einzufangen, regelrecht underwritten an. Es hat keine Poesie, kein Detail, quasi keine Persönlichkeit, außer "sad". Symbolbild.

Das nächste Problem kommt in der Produktion. All die Songs mit ihren supersimplen Songwriter-Lehrbuch erscheinen nahezu Genre-los. Das Genre lautet "Werkeinstellung: Ballade". Klebt ein Banjo drauf, ihr habt Country. Macht E-Gitarren drüber, ihr habt Rock. Macht einen Trap-Beat drunter, es wäre R'n'B. Also immer noch langweiligen Country, Rock oder R'n'B, aber immerhin. Aber so? Es ist eine maximal generische Expression davon, dass jemand mit seinem Freund Schluss gemacht hat, nicht mehr und nicht weniger. Es ist komplett reduzierter Songwriter-Kram. Jenseits der Vocals bräuchte er also richtig gute Lyrics oder ein greifbares Gefühl von Authentizität, um zu fruchten. Aber Rosé ist am Ende doch einfach zu K-Pop-Idol, um die Hörer richtig an sich ranzulassen.

Warum dann nicht mehr "APT."? Zumindest zwei, drei mehr Songs? Rosé hat da doch bewiesen, dass sie als Performerin so viel vielseitiger und als Persona so viel komplexer ist, als sie es bisher auch im Rahmen ihrer Blackpink-Rolle zeigen konnte. Wenn schon ein ganzes Album machen, warum dann nicht zeigen, dass da mehr geht? "Rosie" ist die Definition von einem One-Trick-Pony, was doppelt so dämlich ist, weil ihre exterm gute Lead-Single bewiesen hat, dass sie das nicht hätte sein müssen. Aber so bleiben wir zurück mit einem Album, das wenig zu erreichen gedenkt und dann damit zufrieden ist, immerhin das zu erreichen.

Trackliste

  1. 1. Number One Girl
  2. 2. 3AM
  3. 3. Two Years
  4. 4. Toxic Till The End
  5. 5. Drinks Or Coffee
  6. 6. APT.
  7. 7. Gameboy
  8. 8. Stay A Little Longer
  9. 9. Not The Same
  10. 10. Call It The End
  11. 11. Too Bad For Us
  12. 12. Dance All Night

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1 Kommentar

  • Vor 21 Stunden

    APT wirklich der einzig brauchbare Song. Ein paar sind noch nett, aber das ganze ist so Taylor Swift-coded dass ich keine Lust habe das Album zu hören. Schade, ich mag Rosé und hab mehr erwartet So ein Sabrina Carpenter oder Olivia Rodrigo-Style wäre viel angebrachter hier.