laut.de-Kritik

Mit dem besten der anderen Sänger.

Review von

Ozzy Osbourne = Black Sabbath und Black Sabbath = Ozzy Osbourne, könnte man meinen, wenn man die ersten und die letzten Jahre des Bandgeschehens betrachtet. Doch die Geschichte ist viel komplizierter, schließlich gab es Sabbath fast 50 Jahre lang, in denen sich am Mikrophon eine ganze Reihe von bekannten und weniger bekannten Namen abmühten. Der beste unter den anderen: Ronnie James Dio.

Im Prinzip passte der kleine Sänger mit dem größenwahnsinnigen Künstlernamen am besten zu Tony Iommis bleischweren Gitarrenriffs und den Weltuntergangstexten, die in den ersten Jahren meistens aus der Feder von Bassist Geezer Butler (und nicht von Ozzy) stammten. Nicht, dass Dio sie nötig gehabt hätte, denn er textete gerne selbst und das auch angemessen. Doch verlieh er dem alten Material eine besondere, bedrohliche Note, die der begnadete Entertainer Ozzy so nicht rüber brachte.

Ozzy flog 1979 wegen Drogen- und Alkoholexzessen aus der Band, Dio war da gerade arbeitslos, nachdem er Rainbow (Ritchie Blackmores Band nach Deep Purple) verlassen hatte. 1980 erschien das erste Album der neuen Black Sabbath-Besetzung, "Heaven And Hell", das sich trotz anfänglicher Skepsis über der Wechsel rasch zu einem Klassiker entwickelte, sowohl kommerziell als auch musikalisch. Ein Meilenstein, zumal Dio auf Tour jene Geste einsetzte, die sich zum Symbol des Metal entwickelte, die Mano cornuta (oder Pommesgabel).

Ähnlich stark war auch das Folgealbum "Mob Rules", auf dem Vinny Appice Gründungsmitglied Bill Ward wegen Alkoholproblemen am Schlagzeug ersetzte. Nachdem die zweite Hälfte der 1970er Jahre für Sabbath schwierig gewesen waren, spielten sie nun wieder vor großem Publikum und ließen es ordentlich krachen. Folgerichtig also, dass sie sich entschieden, ihr vorliegendes "erstes" Livealbum zu veröffentlichen. In Anführungszeichen, denn bereits 1980 war ohne Zustimmung der Band "Live At Last" erschienen, ein Mitschnitt von 1973.

Wie gut Dio war, zeigt sich an den Stücken, die Ozzy im Studio eingesungen hatte: "N.I.B.", "Black Sabbath", "War Pigs", "Iron Man", "Paranoid", "Children of the Grave" - eine Art Best Of, also. Natürlich lagen ihm die eigenen Stücke mehr, etwa "E5150" (ein Code, der für "Evil" steht, wodurch sich auch der Albumtitel erklärt), "Children Of The Sea" und vor allem die Titeltracks der zwei gemeinsamen Alben, "Heaven And Hell" und "Mob Rules", letzteres mit einem von Dios besten Texten "It's over, it's done / The end has begun / If you listen to fools / The mob rules".

1982 in Seattle, San Antonio und Dallas aufgenommen, hatten Black Sabbath vermutlich eine der kreativsten Zeiten in ihrer Karriere. "Es war eine ausgezeichnete Tour. Ich denke, dass wir vom Erfolg von 'Heaven and Hell' beflügelt waren, und so haben wir sehr, sehr gut gespielt", erklärte Dio 2008.

Leider endete der gemeinsame Weg danach abrupt. Zumindest vorerst. Schon on the road war es zu ersten Scharmützeln gekommen. Iommi und Butler, tief im Kokainsumpf, hatten den Eindruck, dass die "Neuen" die Macht an sich reißen wollten, und schmissen sie beim Bewerten der Aufnahmen kurzerhand aus der Band. Der zweiten Fehler bestand darin, das Publikum soweit in den Hintergrund zu mischen, dass es kaum zu hören war. Zudem fiel der Klang viel zu dumpf aus. Aber sie standen unter Zeitdruck: Ozzy, zu diesem Zeitpunkt der Erzfeind, war dabei, selbst ein Livealbum mit Black Sabbath-Stücken zu veröffentlichen.

Zumindest der Klangmakel ist auf dieser Deluxe-Wiederveröffentlichung behoben: Neben der Neuabmischung der Originaltracks bietet sie auch eine alternative, die wesentlich differenzierter klingt und dazu noch die Zuschauer mit einbezieht. Mittendrin statt nur dabei. Wie gewohnt gehören auch ein ausführliches Booklet und Goodies wie ein Poster und eine Konzert-Broschüre mit zu den Paketen aus 4CDs/4LPs. Der Preis dafür ist aber ziemlich hoch, zumal sich die Tracklist im Prinzip zwei Mal wiederholt, ohne Zusatzmaterial zu bieten.

Mit Black Sabbath ging es anschließend rasend bergab. Während sich Dio Schlagzeuger Appice schnappte und unter eigenem Namen durchstartete, tranken Iommi und Butler Ian Gillan in einem Pub unter den Tisch und überredeten ihn dabei, als neuer Sänger einzuspringen. Das lachhafte Ergebnis verarbeiteten Spinal Tap in der Szene mit den Monolithen auf der Bühne. Dass sich Ozzys "Speak Of The Devil", im November 1982 erschienen, wesentlich besser verkaufte als "Live Evil", das erst im Januar 1983 auf den Markt kam, war ein weiterer Tritt in die Eier. Nach dem Gillan-Zwischenspiel blieb Iommi lange das einzige verbliebene Gründungsmitglied.

Das Verhältnis zu Ozzy blieb bis zum Ende schwierig, auch wenn es zu mehreren Reunions mit einer erfolgreichen Studioplatte ("13") und bombastischer Abschiedstour kam. Auch Dio war zurückgekehrt - 1992 für das Album "Dehumanizer", dann wieder 2007 bis 2009, als er mit Iommi, Butler und Appice auf Tour ging und das Album "The Devil You Know" aufnahm. Allerdings unter dem Namen Heaven & Hell, um sich von Ozzy abzugrenzen. Es ist eine tragische Ironie, dass ausgerechnet Dio, der mit Drogen nie etwas am Hut hatte, als erster starb - im Mai 2010 an Magenkrebs.

Trackliste

CD1 (Remastered)

  1. 1. E5150
  2. 2. Neon Knights
  3. 3. N.I.B.
  4. 4. Children Of The Sea
  5. 5. Voodoo
  6. 6. Black Sabbath
  7. 7. War Pigs
  8. 8. Iron Man

CD2 (Remastered)

  1. 1. The Mob Rules
  2. 2. Heaven And Hell
  3. 3. The Sign Of The Southern Cross
  4. 4. Heaven And Hell (Continued)
  5. 5. Paranoid
  6. 6. Children Of The Grave
  7. 7. Fluff

CD3 (2023 Remix)

  1. 1. E5150
  2. 2. Neon Knights
  3. 3. N.I.B.
  4. 4. Children Of The Sea
  5. 5. Voodoo
  6. 6. Black Sabbath
  7. 7. War Pigs
  8. 8. Iron Man

CD4 (2023 Remix)

  1. 1. The Mob Rules
  2. 2. Heaven And Hell
  3. 3. The Sign Of The Southern Cross
  4. 4. Heaven And Hell (Continued)
  5. 5. Paranoid
  6. 6. Children Of The Grave
  7. 7. Fluff

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4 Kommentare mit 5 Antworten

  • Vor 9 Monaten

    Der klangliche Unterschied ist schon beachtlich. Musikalisch eh über jeden Zweifel erhaben. Macht Spaß!

    • Vor 8 Monaten

      Darf ich fragen, welche Version du hast?
      Handelt es sich um die Vinyl Ausführung?

      Wenn ja, ist die Qualität der Pressung wirklich gut?

  • Vor 9 Monaten

    In den Hallen des Rock, wo die Schatten tief sind und das Dröhnen der Gitarren den Himmel durchdringt, erklingen die hymnischen Klänge von Black Sabbath. Doch dies ist keine gewöhnliche Zusammenkunft, nein, es ist ein glorreiches Fest der Musik, bei dem der große Ronnie James Dio seine Stimme erhebt. Ein Livealbum, das die Massen erobert hat, ist geboren worden.

    Wenn man dieses Opus betritt, wird man von einem Klanggewitter begrüßt, das in den Tiefen der Hölle geschmiedet zu sein scheint. Die heiligen Riffs von Tony Iommi, dem Meister der Sechs-Saiten, durchdringen die Luft wie Schwertstöße, während der donnernde Bass von Geezer Butler den Boden erzittern lässt. Das Schlagzeug von Vinnie Appice, wie das Schlagen einer Armee von Kriegstrommeln, treibt die Menge in einen wahren Taumel.

    Doch die wahre Offenbarung liegt in der Stimme von Dio, einem Krieger des Gesangs, der mit jedem Ton eine Saga zum Leben erweckt. Seine Stimme ist mächtig und doch zart, voller Seele und Stärke. Sie reicht vom tiefsten Abgrund bis zur höchsten Spitze des Himmels und bringt die Zuhörer in eine tranceartige Ekstase. Mit jedem Lied nimmt Dio die Zuhörer mit auf eine Reise in eine Welt voller Dunkelheit und Mystik.

    Die Songauswahl auf diesem Livealbum ist ein Schatzkammer der größten Hymnen von Black Sabbath. "Heaven and Hell" entfaltet sich wie eine Prophezeiung, während "Children of the Sea" die Sehnsucht nach fernen Küsten weckt. Die Klänge von "Neon Knights" treiben den Hörer in einen wilden Rausch, während "The Mob Rules" die Herzen mit ihrer ergreifenden Melodie durchbohrt.

    Die Atmosphäre dieses Albums ist mit einer elektrisierenden Energie durchzogen. Es ist, als ob die Band und das Publikum zu einer Einheit verschmelzen, in einem Ritual des Rock, das die Grenzen des Zeitlichen überwindet. Jeder Schrei, jeder Jubel, jeder Applaus verstärkt die Macht und die Magie, die in der Luft liegt.

    Es gibt keine Schwächen in dieser musikalischen Schlacht. Jeder Akkord, jeder Schlag, jeder Moment ist perfekt arrangiert und ausgeführt. Die Produktion ist makellos, wobei jedes Instrument und jede Stimme kristallklar zu hören ist. Es ist eine Hommage an die Brillanz von Black Sabbath und Ronnie James Dio.

    Dieses Livealbum ist eine Huldigung an das Vermächtnis von Black Sabbath und ein Tribut an die Größe von Ronnie James Dio. Es ist ein epischer Sieg, der die Zuhörer in eine andere Welt transportiert, in der das Böse und das Göttliche miteinander ringen. Es ist eine Reise voller Leidenschaft und Dunkelheit, die keinen unberührt lässt.

    Mögen die Götter des Rock dieses Album segnen und die Legende von Black Sabbath und Ronnie James Dio in alle Ewigkeit weiterleben lassen!

  • Vor 9 Monaten

    Zeitdruck für eine eingespielte Live-Band auf Tour? Wohl eher hatte man es versäumt ein paar Konzerte sauber von einem Toningenieur sauber abzunehmen, damit man im Studio was zum Mischen hat. Stattdessen hat man irgendwelche Bänder, vielleicht sogar von jemanden vom Mischpult abgemischt und veröffentlicht. Der Sound ist gelinde gesagt saumäßig und verleidet das Hören.

  • Vor 9 Monaten

    Ähem, E5150 ist ein Intro, ein Instrumentalstück. Inwiefern liegt das Dio mehr als die Ozzy-Songs?