laut.de-Kritik
Beavis & Butthead sind dagegen so lustig wie zwei Finanzbeamte.
Review von Martin MengeleMit RATM geht eine amerikanische Revolution zu Ende. Ein Aufbegehren gegen alle Arten von autoritärem Gehabe in Wirtschaft und Politik. Jetzt kommen Blink 182 daher, ein Abklatsch auf diese Bewegung: Skaten, Saufen, Weiber. Noch mehr Rock'n'Roll, könnte man eigentlich annehmen. Eine Art von Rock'n'Roll, die sogar der konservativeren Bevölkerung nicht weiter auffallen würde. Der Untertitel der Live-Platte verweist jedoch direkt auf den gehörigen Haufen Scheiße, der da auf einen zugeflogen kommt ("The Enema Strikes Back", was unter Anglisten soviel heißt, wie "Der Einlauf schlägt zurück!" - macht schon mal einen Lacher auf der Haben-Seite).
Wir werden hier Zeugen der perfekten Kommunikation zwischen Produkt und Zielgruppe. Eine Art Symbiose, die nicht nur in punkto CD-Ausverkäufen und Degenerierung der US-amerikanischen Sprache Früchte trägt. "Zeigt uns eure Tittchen! Oh, eigentlich seid ihr noch viel zu jung dafür. Dann lasst uns jetzt alle mal ein paar schmutzige Wörter gebrauchen. Sprecht mir alle nach: Fuck! Shit! Dick! Mark's an asshole!" Selbsterklärend witzig, Beavis & Butthead sind dagegen so lustig wie zwei Finanzbeamte. Ein Selbstzeugnis eben, ja ein Pamphlet, vielleicht sogar ein Manifest der verblödeten amerikanischen Jugend, seufz! Die Blinker wissen eben mit ihrem Publikum umzugehen.
Der Blink-Fan ist nun mal im Durchschnitt minderjährig und weiblich, träumt von rosa Barbie-Campern und Brustvergrößerung. Man muss deshalb irgendwie über die pubertären Obszönitäten und die Vulgärsprache hinweg sehen. Dass das halbwüchsige Publikum dazu noch in jedem Break zwischen den Songs wie ein Rudel Terrierwelpen stimmbrüchig fiept und quietscht, darf einen auch nicht weiter stören.
Aber wenn man als Postpubertärer mit dieser Scheibe konfrontiert wird, mag einen nur noch das Songmaterial tröstlich stimmen. Natürlich ist dies ja auch die Hauptsache. Vollgeladen mit allen Hits der Blink 182, von "Adam's Song" bis "All The Small Things", insgesamt 20 Songs. Mein persönlicher Favorit "What's My Age Again?", der mich an alte Pogo-Abende im Jugendhaus erinnert, ist ebenfalls dabei. Auch in Sachen Live-Routine können Blink 182 überzeugen und werden wohl dem Genre Fun-Punk mehr als gerecht. Allerdings kann ich nicht mehr über solchen Kinderkram lachen. Um mit Mark, Tom und Travis zu sprechen: "Zu euch kommt bald der Nikolaus und scheißt euch unter die Tannen!"
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