laut.de-Kritik

Country mit Groove für die Bärenjagd.

Review von

Howdy! Dieses Album klingt so unmissverständlich nach Amerika, dass man dem Digipack am liebsten einen Schluck Whiskey über den Schlapphut gießen möchte. Dabei verzichtete Sänger und Songwriter Eric Earley gar auf so amerikanische Tugenden wie Eigenheim und Job und fand dadurch den bisher lupenreinsten Zugang zu Popmelodien im Werk von Blitzen Trapper.

Der groß angelegte Sound des Vorgängers mit seinen Beatles- und Queen-Referenzen ist passé. Stattdessen greifen Blitzen Trapper auf "American Goldwing" verstärkt zu Countrysounds, klimpern am Banjo und lassen kaum eine Möglichkeit für ein Mundharmonikasolo ungenutzt.

Verbunden mit Earleys schier beeindruckendem Fundus an Melodien und Ohrwürmern wächst hier der Boden für eine leicht konsumierbare Platte, die in kürzester Zeit ein Lied auf die Lippen zaubern kann. Wenn sie jedoch zu sehr in Nashville-Klischees abdriften, hilft eine nette Gesanglinie nicht mehr über die einsetzende Eintönigkeit hinweg. "My Hometown", "Taking It Easy Too Long" und mit Abstrichen der Titeltrack "American Goldwing" leiden unter solcherlei Übercountrysierung, die besonders nach überschrittener Spielzeithälfte musikalisch wie textlich nichts Neues mehr bietet.

Der Highway, die Natur und my baby sind nach wie vor die bevorzugten Themen, denen sich Earley auch verstärkt mit imaginärem Strohhalm zwischen den Zähnen widmet. Die Wälder von Portland wirken sichtlich inspirierend, umso authentischer kann man sich "American Goldwing" vortrefflich als Soundtrack zu einem Herbstspaziergang oder wahlweise auch zur Bärenjagd vorstellen.

Am besten funktioniert das Album jedoch, wenn die Stile nicht so klassisch eingehalten werden. Dem nickenden Opener "Might Find It Cheap" liegt eine gehörige Portion Groove zugrunde, die wie einige Momente der Platte an eine moderner Version von Skynyrd erinnern. Der Puls und die bestechende Catchiness von "Love The Way You Walk Away" liefert dann auf Platz Drei ein frühes, aber definitives Albumhighlight ab. Dieses trägt seine Countryuniform nicht so offensichtlich zugunsten eines erstmals mächtig klingenden Soundgewands und fährt sowohl mit Vers- als auch Chorusmelodie direkt ins Ohrwurmzentrum.

Für "Girl In A Coat" und "Stranger In A Strange Land" kramt Earley seinen besten Dylan hervor und verzichtet auf überfrachtete Instrumentierung, was genauso den pianodominierten und hopsenden "Astronaut" vom Kitsch befreit.

Trotz des gelegentlichen Abdriftens auf die Easy Listening-Schiene besitzen Blitzen Trapper genug Erfahrung, um dennoch ein gutes, kurzweiliges Album zu fabrizieren, das die unendlichen Weiten des amerikanischen Hinterlandes vor das geistige Auge führt.

Trackliste

  1. 1. Might Find It Cheap
  2. 2. Fletcher
  3. 3. Love The Way You Walk Away
  4. 4. Your Crying Eyes
  5. 5. My Home Town
  6. 6. Girl In A Coat
  7. 7. American Goldwing
  8. 8. Astronaut
  9. 9. Taking It Easy Too Long
  10. 10. Street Fighting Sun
  11. 11. Stranger In A Strange Land

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