laut.de-Kritik

Ein wunderbarer Sommer könnte folgen.

Review von

Seit sich Boysetsfire mit "While A Nation Sleeps..." zurückmeldeten, geht es für die Jungs stetig bergauf. Das Comebackalbum verkaufte sich prächtig, die Shows ebenfalls und die Abhängigkeit vom Major mit dem eigenen Label End Hits Records überwunden. Man kann sich also nur von ganzem Herzen für die sechs Herren aus Delaware freuen. Sie haben sich alles redlich verdient.

Und schön ist auch, dass dieses Comeback ernst gemeint war: Nach zwei Jahren steht wieder ein neues Album auf der Matte. Dass es selbstbetitelt ist, darf man ruhig als Statement verstehen, denn "Boysetsfire" ist so sehr Boysetsfire wie es nur irgendwie geht. Es vereint all das, was die Hardcore-Band seit den Jahren vor dem Comeback ausmachte und hat natürlich auch das wütende "While A Nation Sleeps ..." im Blut.

Im Gegensatz zum Vorgänger nimmt sich die Band aber ein gutes Stück zurück. Der Hang zu poppigen und großen Melodien, der auf früheren Alben viel präsenter war, kehrt mit einem breiten Grinsen zurück. Boysetsfire zelebrieren diese Momente breitbeinig und mit offenen Armen. Das Stadion ist förmlich spürbar, wenn Nathan Gray in "Ordinary Life" "Is there anybody out there? Is there any other way to survive? We can live so much more than these ordinary lives!" singt.

"One Match" kommt mit "Woohoo"-Gesängen und Punkrock-Riff um die Ecke. "Torches To Paradise" steigt hymnenhaft empor und umarmt die verschwitzen Kumpels im Mosh-Pit. Der tolle zweistimmige Gesang kommt vor allem bei einem ruhig groovenden Song wie "Fall From Grace" wunderbar heraus.

Neben den melodischen Songs prügelt sich die Band durch heftige Hardcore-Eruptionen. Das brutale "Coward", "Don't Panic" oder der Opener "Savage Blood" sind Beispiele. Die Breakdowns kommen heftig, Grey keift Gift und Galle und großartige Dissonanzen schneiden ins Trommelfell. Vor allem "The Filth Is Rising" gefällt mit krachenden Beat, fiesem Gebrüll und messerscharfen Gitarren. "Bled Dry" fetzt zum Abschluss in unter zwei Minuten quer durch Hardcore, Punkrock und Modern Rock. Leck mich am Arsch, was für ein intensiver Abschluss.

Das alles kennt der Boysetsfire-Fan seit der ersten Stunde. Die Band wird mit dem neuen Album kaum jemanden überraschen. Weder die Fans von früher, noch die neuen, die seit "While A Nation Sleeps ..." dabei sind. Die kennen melodischen Hardcore spätestens seit Rise Against. Das kann man nun enttäuschend finden. Oder man freut sich einfach, dass Boysetsfire immer noch den gleichen Drive wie früher fahren, dass sie nichts verlernt haben, sondern ihr Handwerk immer noch richtig gut beherrschen.

Man merkt der Platte an, dass Boysetsfire immer noch viel Bock auf ihre Mukke haben - oder endlich wieder, wie man eben will. Diese Spielfreude schallt dem Hörer in jedem Song entgegen und tröstet über manchen Track hinweg, den man mit einem Achselzucken begegnen könnte. Denn auch wenn Boysetsfire musikalisch wenig Neues bieten, so bewahren sie sich ihre Dringlichkeit, ihre Wut aber auch ihre Hoffnung und ihre großen Momente bewahren. Der zweite Band-Frühling scheint in einen wunderbaren Sommer münden.

Trackliste

  1. 1. Savage Blood
  2. 2. Cutting Room Floor
  3. 3. Don't Panic
  4. 4. Ordinary Lives
  5. 5. One Match
  6. 6. The Filth Is Rising
  7. 7. Torches To Paradise
  8. 8. Coward
  9. 9. Heaven Knows
  10. 10. Fall From Grace
  11. 11. Dig Your Grave
  12. 12. Breathe In, Bleed Out
  13. 13. Bled Dry

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LAUT.DE-PORTRÄT Boysetsfire

Zwischen Pop-Punk und Alkoholbeschränkung hat sich Hardcore weit von einem seiner ursprünglich wichtigsten Standbeine entfernt: der politischen Aussage.

1 Kommentar

  • Vor 9 Jahren

    Stillstand im mittleren Alter zwischen dem endlosen Welten des Hardcore-Geschreis und den triefend seichten Pop-Rock Balladen. Keine Frage diese Band ist authentisch aber die Message geht leider etwas unter im banalen Ideenalltag. 3/5 Sternen