laut.de-Kritik
Ein Ausrufezeichen in der deutschen Rocklandschaft.
Review von Manuel BergerMax Reckleben schreibt eigener Aussage zufolge lieber über persönliche Angelegenheiten, als sich der großen Themen der Welt anzunehmen. Nun ist es aber "geradezu unmöglich, Künstler und zugleich denkender Mensch zu sein und sich nicht dazu zu äußern, was derzeit auf der Welt passiert." Also schließt er bei Brett weder die eine noch die andere Seite aus und kombiniert sie wortgewandt. Die Band rammt mit "WutKitsch" ein Ausrufezeichen in die deutsche Rocklandschaft – und das nicht nur in textlicher Hinsicht.
Lang fackeln ist entsprechend nicht. Brett feuern direkt aus mehreren Rohren gleichzeitig. Zweifel am privaten Lebensentwurf, Spitzen gegen die breite Gesellschaft – ohne Zeigefinger! – und subtiler Humor ergeben zusammen "Ein Schöner Tag (Schade, Dass Krieg Ist)". "Ein toter Hund auf der Straße, die Drohne hat ihr Ziel verfehlt / Und die Hipster im Café müssen sich entscheiden zwischen Latte und Mate-Tee", singt Max, während sich musikalisch Fugazis "Waiting Room“" mit Bilderbuchs "Willkommen Im Dschungel" paart.
Der Albumtitel ist Programm. Wenn sie wollten könnten Brett sich problemlos einreihen ins Indie-Nichts, mit ein bisschen Feelgood in den Mainstream segeln. Cheesy Ohrwurm-Hooks sind vorhanden, "Dein Prophet" spendiert gar ein wenig "Na na na".
Aber Achtung, Baby: Die Gitarren schreien und kreischen, die selbstgebauten Fuzzpedale zerreißen den (ebenfalls selbstgebauten) Amp. Und obwohl Max durchaus sahnige Melodien intonieren kann (und in "Wir (Für Giti)" sogar den Romantiker raushängen lässt), eckt er viel lieber mit pissigem Krächzen an. Das klingt ein wenig als hätte Max Prosa bei einer Post Hardcore-Truppe angeheuert.
Um als Post Hardcore durchzugehen, huldigen Brett aber Queens Of The Stone Age zu sehr, schwelgen zu gern in poppiger Harmonie und haben schlicht zu viele Gitarrensoli. "Medizinmann" krönen wunderbare Doppelleads, in "Wüste" empfiehlt sich Felix Stackfleth als künftiger Guitarhero des Landes. Nicht nur deshalb positioniert sich das Stück weit oben in der Highlight-Liste des Albums. "Wüste" hat Punk-Wut, Tempo und einen ebenso unvorhersehbaren wie herrlich eingängigen Chorus. Zu jeder Hymne gehören griffige Zeilen, also modeln Brett den Song zum Hypekultur-Contra: "Der DJ spielt die Spice Girls, Trash ist wieder fancy / Alle sind so sexy, machen Stories mit ihrem Handy / Auf die Plätze, 187, wo ist der Verstand geblieben?" Der Ansatz geht auch deshalb auf, weil Max den beschreibenden Stil der Strophen im Refrain gegen prägnante Einfachheit und das Schnellfeuer-Dissgewehr gegen Melodien zum Mitsingen.
Grob stehen Brett zwischen Heisskalt und Van Holzen. Sie zeigen musikalisch deutlich mehr Kante als erstere, aber weniger Heaviness als letztere. In punkto Originalität sowohl bei Riffs und Songideen als auch Lyrics haben sie im Vergleich zu beiden die Nase vorn – gerade weil sie sich zwischen die Stühle setzen. Da verzeiht man gern ein paar Tracks in der zweiten Hälfte der Platte, die nicht ganz zu den Hits aufschließen.
5 Kommentare
Geiles Brett, das Album! (mußte sein, ja)!
So hammer!!! Habs von einem Meiner bekommen )
Für so einen Rotz 4 Sterne ? Unfassbar. 1/5
ziemlich geiler Scheiß.
Kraftklub mit (fast) noch nervigeren Lyriks. Handwerklich vielleicht gut, geht mir aber gar nicht rein. 1/5.