laut.de-Kritik

So englisch, dazu muss man einfach "Sie" sagen.

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Diese Engländer! Sie sehen vieles einfach optimistischer. Sie lassen sich auch Zeit mit ihrer neuen Platte. Vier Jahre nach "Machineries Of Joy". Jetzt kehren British Sea Power nun auf die Tanzfläche zurück.

Zu ihren ersten Fans gehörte David Bowie. Dass der Mann Geschmack hatte, muss man nicht noch einmal extra erwähnen. Die Melodien klingen gewohnt melancholisch, versetzt mit voller Power aus dem Gitarrenverstärker. In ihrem typischen Sound zitieren British Sea Power aus der Rock- und Popgeschichte. Inhaltlich bleibt es politisch, in den letzten vier Jahren ist ja auch Einiges passiert.

Bereits die erste Singleauskopplung "Bad Bohemian" klingt so unverkennbar englisch, dazu muss man einfach "Sie" sagen. Hier vereint sich alles Gute von der Insel: The Cure, The Wedding Present, Echo & The Bunnymen und eben British Sea Power, satter Bass und griffige Gitarren-Melodien - eine neue Hymne für Künstler am Rande des Nervenzusammenbruchs.

Das war dann aber auch schon das Highlight dieser Platte. Mit "International Space Station" schwebt man zwar noch kurz weiter im glückseligen Britpop-Universum und blickt auf die böse Welt von oben herab. Doch ein lautes "Kreisch!" macht eher nicht die Runde. British Sea Power bleiben ihrem Stil zwar treu, somit geht ihnen die Fangemeinschaft auch nicht flöten. Allerdings reagierte man beim Debüt 2003 doch noch irgendwie euphorischer - und vor allem feierte "Do You Like Rock Music" 2008 nicht nur die UK-Indieszene.

Beim neuen Werk fehlt es an Erinnerungen, die haften bleiben. Krachende Hits, wie "K-Hole" (von "Machineries Of Joy") oder "Atom" (von "Do You Like Rock Music?") brannten sich ins Hirn. "Saint Jerome" tappt ein wenig in diesem Rock-Noise-Gewitter. Vielleicht hat sich aber auch nur der Geschmack geändert. Veränderungen stehen ja sowieso auf der Tagesordnung, vor allem auch in England. Der Brexit ist beschlossen, die Bands werden wieder lauter (siehe Sleaford Mods). Social-Media sucks, und sowieso wird alles immer ungemütlicher.

Während die einen laut "Fuck" rufen, setzen British Sea Power auf leise Töne ("Praise For Whatever") und komponieren ruhigere Popmelodien ("Don't Let the Sun Get In The Way"). Die Jungs wollen vom alltäglichen Wahnsinn in der Welt ablenken und singen sich optimistisch durch das politische Jammertal. Kann man ihnen auch nicht wirklich übel nehmen. Man muss ja nicht immer motzen, sondern kann es auch mit positiver Ausstrahlung versuchen. "Want To Be Free" reiht sich dann wieder eher in die Kategorie melancholische Grübel-Ballade ein.

Bei "Keep On Trying (Sechs Freunde)" wundert man sich. Hä? Sind da deutsche Wörter zu hören? "Sechs Freunde"? Ah, ja, es ist ein Sextett, oder singen sie sogar "Sexfreunde? Humor haben sie ja ... aber, nein, das ist bestimmt nicht richtig im Kopf interpretiert. Deutsche Wörter in Songs einbetten machen englischsprachige Bands ja gerne einmal (vergleiche auch Franz Ferdinands "Darts Of Pleasure").

British Sea Power haben sich bereits in der Vergangenheit vom deutschen Dadaisten Kurt Schwitters beeinflussen lassen. Vielleicht liegt da der Zusammenhang? Der Hannoveraner floh in den Dreißigern vor den Nazis und lebte im englischen Lake District. Hier wuchsen auch die beiden Sänger Yan und Hamilton Wilkinson auf. Für ihre Live-Shows nutzten sie bereits seine Tonwerke, und das Cover-Artwork von "Let The Dancers Inherit The Party" lässt seinen Einfluss in der Typographie erkennen.

Unabhängig davon, wer oder was sie geprägt hat, haben sich British Sea Power seit 2000 ihr ganz eigenes Werk zusammengetüftelt. Aktuell lautet ihr Motto: "Think global, act local." Nach Sussex, London und auf die schönen Isle of Skye haben sie sich zurückgezogen und die zwölf Songs aufgenommen. Im Mai kommen die sechs Engländer dann auch für ein paar Konzerte nach Deutschland.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Bad Bohemian
  3. 3. International Space Station
  4. 4. What You're Doing
  5. 5. The Voice Of Ivy Lee
  6. 6. Keep On Trying (Sechs Freunde)
  7. 7. Electrical Kittens
  8. 8. Saint Jerome
  9. 9. Praise For Whatever
  10. 10. Want To Be Free
  11. 11. Don't Let The Sun Get In The Way
  12. 12. Alone Piano

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