laut.de-Kritik
Von Pferdezöpfen und Zungenküssen.
Review von Eberhard Dobler"I'm Not A Girl, Not Yet A Woman". Wahr gesprochen. Die Karriere des 22-jährigen Pop-Supergirls befindet sich im Umbruch. Den Takt der Metamorphose vom cleanen Teenie mit den Pferdezöpfen zum geschlechtsreifen Vamp gibt offensichtlich die biologische Uhr vor. Zumindest suggeriert das ihr erster Greatest Hits-Silberling.
Britney ist talentiert, auch wenn viele Künstler eine bessere Stimme haben. Die früh bis ins Detail kalkulierte Karriere und ein leckeres Aussehen machen den Unterschied. Geradezu perfekt: diese Blondine begehrt jeder, ob pubertierend, liebender Vati oder tougher Gangsta. Brits Videoclips zwischen Mainstream-Dance, Pop-Ballade und R'n'B-Club können deshalb ebenso gut im Klassenzimmer wie auf dem Basketball-Court mit Snoop Dogg ("Outrageous") funktionieren - so absurd das klingt.
Verharrten Brits Vocals stets im selben Style, legten Produktionen und Videos an Coolness zu. Die Klassen-Party "... Baby One More Time" (1998) unterscheidet sich kein Stück von "Oops I Did It Again" ein Jahr später oder von "You Drive Me Crazy" - selbst wenn Brit ihre Reize deutlicher nutzt. Auch "Overprotected" (2000) oder die Boygroup-Nummer "I'm Not A Girl, Not Yet A Woman" (2001) bleiben so teenielike, dass das eigentlich recht lässig produzierte Cover "I Love Rock'n'Roll" aus ihrem Munde ("... My loneliness is killing me ...") nur lächerlich klingen kann.
Dabei hatten Brits Songs das nächste Level schon erreicht: der laszive Hüftschwung von "I'm A Slave 4 U" (The Neptunes) lässt sabbernde Münder vor dem Bildschirm zurück. Das Produzenten-Duo löste mit "Boys (The Co-Ed Remix)" ein zweites Mal Clubalarm aus, bevor sie von Madonna in "Me Against The Music" an die Hand genommen wurde, und Britney, strotzend vor neuem Selbstbewusstsein, endgültig die Pferdezöpfe gegen Zungenküsse tauschte. Gelang die Image-Metamorphose bei "Toxic" (2003), geht die neue Single "My Prerogative" in die Hose: zwischen einem kramphaft anders klingen wollenden Sound-Mix und abgelutschter "Britney in den Neunzigern"-Refrainhook weiß der Track nicht recht, wohin die Reise geht - der erotische, im Movie-Format gedrehte Clip dafür sehr wohl.
Während die "Greatest Hits"-CD mit zwei unveröffentlichten, ungewohnt kantigen Produktionen aufwartet, lockt die DVD bei etwa der Hälfte der Tracks mit alternativen Clip-Versionen und einigen Bonusfeatures (Acapella, Karaoke usw.) - ansteuerbar über ein schickes, chronologisch strukturiertes 3D-Menü. Nach der jüngst verkündeten, längeren Auszeit will Brit dann mit einem "völlig neuen Image" zurückkehren. Madonnas Mix aus Sex und Macht dürfte ihren Masterplanern dabei sicher Inspiration sein.
1 Kommentar
"Greatest Hits: My Prerogative" ist Britney's erstes Best of Album aus dem Jahre 2004. Es beinhaltet bis auf "From The Bottom Of My Broken Heart"(2000), "Don't Let Me Be The Last To Know" (2001) und "Anticipating" (2002) alle bis dahin veröffentlichten Singles sowie drei neue Songs von denen zwei als Singles ausgekoppelt wurden. "My Prerogative" gehört m.M.n. zu ihren besten Songs, "I've Just Begun (Having My Fun)" macht einfach Spaß genau wie das rockige "Do Somethin'".