laut.de-Kritik

Der Boss wie er leibt und lebt. Rockig, ernst und voller Hoffnung.

Review von

"The Rising", Springsteens erstes Studioalbum mit der E-Street-Band seit vielen Jahren, knüpft fast dort an, wo man aufgehört hat. Aber auch wenn es den Charakter eines eingespielten und motivierten Hengstes aufweist, fehlt der Elan und die wilde und unzähmbare Kraft des Rock 'n Roll. Wie kleine Gebete erscheinen die Stücke des Albums, die Springsteens Prosa oft mit Ausdrücken aus dem "Vater Unser" oder mit Gedanken über Glauben, Liebe und Kraft untermalt. Die Backgroundsänger/innen untermalen das Ganze und man spürt einen leichten Gospeltouch aus der Musik entweichen. Besinnlicher und weniger aufs Abrocken aus als früher ist "The Rising" geraten.

Gleich die ersten zwei Stücke bereiten den Hörer langsam und bedächtig auf das Album vor, das viel Reife, Hoffnung und auch Trauer ausstrahlt. Das ist zwar ganz schön, doch eher für das Nachmittagsprogramm im Radio bestimmt. Dann kommt "Waiting On A Sunny Day" und hört sich nach einem guten alten Evergreen aus den Siebzigern an. Ein klassischer Springsteen-Love Song mit Violine, bei dem man seinen inneren Sonnenschein aufspüren kann. Dabei fallen einem Damen um die 40 ein, die in der Küche tanzen und den Zustand ihrer Jugend erneut erleben. Die nächsten zwei Lieder sind ein bisschen mühsam und wollen nicht so schnell enden. Schon wieder Liebeslieder, die einen schönen Text, aber ansonsten nicht viel zu bieten haben. Ein wenig zu viel "des Guten".

Zum Glück ist als nächstes "Empty Sky" an der Reihe und bringt eine gut dosierte Portion Melancholie mit sich. Deutlich hervor sticht "Worlds Apart" mit New Age Sound, Tablas und orientalischen Elementen, gefolgt von gut fließendem Rock und schönem Text über die Wahrheit, die Liebe und das Leben im Jetzt.

Dann ist wieder lockere Radiomusik fürs Auto angesagt, meistens soft und zu gewöhnlich. Merklich versteht sich Bruce jedoch auf das Zusammenstellen des Album, denn bringt er nach den etwas unspektakulären Tracks doch wieder Hörbares an den Start: "Further On" rockt, ist zwar locker und gemächlich, aber trotzdem treibend.
So geht es weiter in dieser wechselhaften Stimmung, bis "You're Missing" die Aufmerksamkeit einfängt, denn dieses Lied erinnert unwahrscheinlich an "Streets of Philadelphia".

"Paradise", der vorletzte Song, ist ein kleines Schmuckstück. Ein Lied mit viel Tiefe und Emotion, in das man in aller Ruhe eintauchen sollte. Danach fühlt man sich wie nach dem Meditieren, in sich selbst versunken und seinem Zentrum angenähert.

"My City Of Ruins" schließt "The Rising" ab. Der in den Medien so angepriesene Song über den Terroranschlag am elften September soll mit den aufmunternden Worten "rise up" dem Hörenden Kraft und Hoffnung geben. Das ist eine schöne Geste von Bruce, die allerdings doch eher für öffentliche Benefizveranstaltungen bestimmt zu sein scheint. Alles in allem ist "The Rising" eine angenehme Scheibe. Die bedenklich stimmen, aber auch während alltäglichen Verrichtungen, wie Abwaschen oder Bodenwischen gehört werden kann.

Trackliste

  1. 1. Lonesome Day
  2. 2. Into The Fire
  3. 3. Waitin On A Sunny Day
  4. 4. Countin On A Miracle
  5. 5. Nothing Man
  6. 6. Empty Sky
  7. 7. Worlds Apart
  8. 8. Let's Be Friends
  9. 9. Further On
  10. 10. The Fuse
  11. 11. Mary's Place
  12. 12. You're Missing
  13. 13. The Rising
  14. 14. Paradise
  15. 15. My City Of Ruins

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