laut.de-Kritik

Ein Organismus, der Groovemonster gebiert.

Review von

Wie kann eine Formation wie die Budos Band bloß bestehen, in Zeiten, in denen ein schnelllebiger Trend den nächsten jagt? Wo sollte ihr Weg nach drei Alben voller Afrobeat-Funk-Hybriden und dem schwer Rock-lastigen "Burnt Offering" überhaupt noch hinführen? Und haben sie sich inzwischen endlich einen Sänger gesucht?

Das wieder schlicht "V" nummerierte fünfte Werk liefert alle Antworten auf einmal, indem es klingt, wie alle vorangegangenen Alben - auf einmal. Als habe ein wahnsinniger Chirurg Black Sabbath, Osibisa, DJ Shadow und die Dap Kings zerstückelt und dann wieder zu einem einzigen Körper zusammengeflickt. Der gebiert nun am laufenden Band Groovemonster.

Texte? Gibts nicht. Die Musik der Budos Band spricht auch ohne Lyrics Bände. Worte würden den "Maelstrom" seltsamer Assoziationen, den ihre Tracks lostreten, ohnehin nur drosseln und kanalisieren. Wer dagegen komplett halt- und orientierungslos in dieses Soundkaleidoskop stürzt, dem stehen drinnen alle Optionen offen. Der Tracktitel schubst die Gedanken vielleicht noch schnell, mehr oder weniger subtil, in irgendeine Richtung, dann galoppieren sie auch schon.

"Old Engine Oil" zum Beispiel reibt einem direkt den entsprechenden Geruch unter die Nase. Ganz von allein entrollen sich vor dem geistigen Auge staubige Wüsten-Highways, auf denen es sich mit Wind in den Haaren und dem Geräusch schwerer, knatternder Motoren im Ohr gen Horizont tuckern lässt. Die Bläser glitzern dazu, wie die verlorene verchromte Radkappe, die am Straßenrand in der Sonne liegt.

Sehr wahrscheinlich, dass der nächste Hörer ganz etwas anderes hört. In "Peak Of Eternal Night" fährt in meinem Kopf jedenfalls der Orientexpress durch einen nokturnen Dschungel. Moment ... fahren überhaupt Züge durch den Busch? Gibts da Gleise? Egal, dauert eh nicht lange, dann steigt in "Arkane Rambler" eine imaginäre Verfolgungsjagd mit Ufos aus einem Vintage-Sci-Fi-Film.

Die Spinne, die in "Spider Web Pt. 1" haust, muss ein ganz schöner Brocken sein. Ihr Netz hat Fäden, dick wie Schiffstaue. Oder spinnt das Viech am Ende Basssaiten? Die schlackern jedenfalls durch alle Tracks, das Zwischenspiel "Rumble From The Void" eingeschlossen. Häufig prägen Bläser das Bild, "majestätisch" liegt dabei von "komplett durchgeknallt" immer nur einen Atemzug entfernt.

"Ghost Talk" tönt einen Lidschlag lang wie "Enter Sandman", ehe die Percussion dem Track das Metallica-Gefühl mit der Cowbell austreibt. "The Enchanter" wirkt ganz für sich alleine schon wie der Soundtrack zu einem Monumental-Abenteuerfilm. Man muss höllisch aufpassen, um den Faden nicht zu verlieren. Leicht verschwindet er im dicht gewebten Soundteppich, der - jede Wette! - ganz bestimmt ein fliegender ist.

Im "Valley Of The Damned" angelangt, bin ich mir keineswegs sicher, ob ich da nicht gerade doch eher ein Hörspiel gehört habe. Noch weniger weiß ich, worum zum Teufel es eigentlich ging, wohl aber, dass es exotisch, mitreißend und enorm abwechslungsreich war.

Ein Strudel aus Spannungsbögen, aufgespannt von einer Band, die wie ein einziger Organismus agiert. Deren Mitglieder scheinen irgendwie untrennbar miteinander verschmolzen und spielen sich gegenseitig die Bälle zu. Wortlos, versteht sich. Auf die Frage, ob sie sich nicht doch irgendwann einen Sänger suchen wollen, hat die Budos Band nämlich immer noch nur eine Antwort: "Fuck, NO!"

Trackliste

  1. 1. Old Engine Oil
  2. 2. The Enchanter
  3. 3. Spider Web Pt. 1
  4. 4. Peak Of Eternal Night
  5. 5. Ghost Talk
  6. 6. Arkane Rambler
  7. 7. Maelstrom
  8. 8. Veil Of Shadows
  9. 9. Rumble From The Void
  10. 10. Valley Of The Damned

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LAUT.DE-PORTRÄT The Budos Band

Man möchte es nicht für möglich halten: Es existieren im Jahr 2007 noch Studios, deren "digitale Abteilung" aus nichts als einem CD-Player besteht.

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