laut.de-Kritik
Die Hütte ist klein, aber ein großartiges Heim.
Review von Giuliano BenassiEs braucht viel Liebe und Überzeugung, um ein Projekt wie dieses zu Ende zu bringen. Und Geduld, mit der Zuversicht, dass durch eine kosmischen Fügung schließlich doch alles an den richtigen Platz kommt.
Hinter Cabane steckt der belgische Künstler Thomas Jean Henri, der um die Jahrtausendwende als Mitglied der Band Venus zwei Alben und 2007 unter dem Namen Soy Un Caballo das Solowerk "Les Heures De Raison" veröffentlicht hat. Auch ist er als Fotograf und Video-Regisseur tätig.
Mit Cabane, wörtlich "Hütte", fügt er nun die Teile zusammen. Die Singles "Sangokaku" (2015) und "Wooden Home" (2016) wiesen dabei den Weg. Hinter künstlerisch anmutende Covers, im ersten Fall ein kleines Haus an einem grauen Meer, im zweiten ein Hügelzug vor einem bleiernen Himmel, verbargen sich Zusammenarbeiten mit Bonnie 'Prince' Billy und Kate Stables (This Is The Kit).
Das vorliegende Album vollendet nun das Projekt. "Si petite soit ma cabane, que grande demeure ma maison", schreibt Henri dazu auf Facebook. Frei übersetzt: "Die Hütte ist klein, aber ein großartiges Heim". Wie schwer er sich damit getan hat, zeigt er in einem Kurzfilm, in dem er befreundete Journalisten und Musiker befragt. Liveauftritte kamen nicht in Frage, ein breit angelegter Vertrieb aufgrund mangelnder Promotionsmöglichkeiten auch nicht. Die Idee, das Album genau einmal zu brennen und dann damit Listening Sessions zu veranstalten, schien auch nicht wirklich gangbar. Also entschied er sich schließlich, es fast durch die Hintertür zu veröffentlichen, auf Bandcamp und über Streamingangebote.
Dass die wenigen Tonträger auf CD und Vinyl im Nu ausverkauft waren, beweist, dass "Grande Est La Maison" doch auf Interesse gestoßen ist. Der Opener zeigt, warum: Begleitet von Streichern und einer Hammond-Orgel klingt Bonnie 'Prince' Billy, als habe er vor den Aufnahmen eine große Flasche Hustensaft getrunken, so sanft wirkt seine Stimme. Die Chöre und kammerorchestralen Arrangements von Sean O'Hagan, Mastermind von High Llamas passen auch hervorragend zu Kate Stables hoher, unaufgeregter Stimme. Umso mehr, wenn beide Sänger zusammen kommen, wie in "By The Sea", "Take Me Home, Pt. 1" und dem bereits veröffentlichten "Sangokaku".
"Während des Arbeitsprozesses hatte ich ein lebhaftes Bild von Will und Kate, vor Augen, wie sie durch einen Fluss waten und dabei aneinander vorbeiziehen, wie Schiffe in der Nacht. Jeder von ihnen bricht vom gegenüberliegenden Flussufer auf, sie finden sich in der Mitte wieder, ein wenig verlegen (das Wasser ist ohnehin etwas kalt). Der Chor hält am Ufer Abstand", erklärt Henri. Eine treffende Beschreibung für die Stimmung, die zugleich entspannt und melancholisch wirkt, nach etwas suchend, das nie erreicht werden kann.
Ein Album, das sich nach und nach im Gedächtnis einprägt. Dass seine Veröffentlichung mit der Ausbreitung der Corona-Virus zusammenfällt, könnte tatsächlich eine kosmische Fügung sein. Denn so hat man die Zeit, sich damit gebührend auseinander zu setzen. Die Stimmung, wie auch der Titel, passen auf jeden Fall hervorragend zu entspannten Abenden in den eigenen vier Wänden.
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