laut.de-Kritik
Krawall, Ärger, Streit, Raufhandel, Auseinandersetzung.
Review von Franz MauererPrezident hat über die Jahre eine ganz eigene Form der Stillosigkeit entwickelt, eine Art intellektuelles Ed Hardy. So eröffnet der Opener "Dschaggernathwagen" das neue Album "Rabatz" mit einem Django Unchained-Skit, wie ihn ein Fünfzehnjähriger cool fände, der noch nicht um die eigene Intelligenz weiß, sondern sie nur ahnt, und Angst hat, über sie seinen rebellischen Trotz zu verlieren. Die Drunkn Masters helfen da nicht, denn sie machen, was sie gut machen: Bierernste Produktion ohne doppelten Boden. Der Witz ist, dass dieses leicht müffelnde Biotop mit Prezident einen Bewohner gefunden hat, der in genau dieser Umgebung aufblüht und so auch auf dem Opener einen exzellenten, lakonisch-aggressiven Part mit mindestens einer Handvoll im Kopf bleibender Bilder auf kaum einer halben Minute.
Willkommen im neuen Album des liebsten Misanthropen! "Hamwakeinvertrachmit (mit Hinz&Kunz)" wartet mit einem ausgesprochen gelungenen Beat auf, wedelt eine verspielte Schwere herbei und einen glänzend aufgelegten Prezi, den man fast schon lächeln hört. Auch Viktor Bertermann darf mal einfach nur Spaß machen. Das gilt für "Sehn Wo Du Bleibst" ebenso, weshalb wir den Closer vorholen, die lyrische Nabelschau macht Spaß. Natürlich ist "Rabatz" irgendwo ein nicht enden wollender Metawitz, aber nur weil Prezi sich (schon) so oft ausgelassen hat übers Leben und seine Limitierungen, heißt das nicht, dass seine Leier weniger unterhaltsam geworden wäre.
Auf "Was Macht Das Mit Euch" performt Koljah deutlich stärker als von ihm gewohnt. Ähnlich wie Kollege Fletcher dient er primär aber dazu, die Prezidentschen Ausfälle glänzen zu lassen. Der Track hat einen oldschool Schein mit langgezogenem Vocalsample, aber erst im dritten Part wird es geil, wenn der Chef-MC spuckt: "Bis Giermann/ Ich mein Kinski/ Ich mein Jesus/ Kommt, um rumzubrüllen". Da wird das Sommerfest der Grundschule dann zu der Ecke des Abifestes, wo die coolen, aber trotzdem unbeliebten Kids abhängen.
"Lofi Girl Down Under" ist ein Meisterstück, was weniger an der für den Rapper typischen Verweigerungserzählung über das Lofi Girl liegt, sondern mehr daran, wie wunderschön der sich beim Storytelling verliert. Niemand mäandert so schön um einen gewundenen Pfad wie der Wuppertaler, was ihm der repetitive, unterhaltsame Beat vereinfacht. Den besoffenen Meistern Gehring & Rabai gelingt das gleiche Kunststück auf "Der Koffer": Genau den melodischen, langsamen, zurückgenommenen Beat anzubieten, auf dem Prezident wirkt, als müsste er Deutschrap längst kommerziell dominieren. Auch hier ist die Story selbst, scheinbar von einem Comic inspiriert, eher abgeschmackt, aber wie ein Zeichner webt der Rapper mit enormer Kunstfertigkeit Details in sein Szenario. Der Titeltrack ist nur eine kleine Stufe drunter anzusetzen und so könnte "Rabatz" eine spektakuläre EP sein.
Wäre da nur nicht der immer wieder übers Seelchen kriechende Fremdscham. "Natron Skit" mit The Wolf Of Wall Street-Einspieler ist völlig zweckbefreit, "Zaubern" zwar inhaltlich gut, aber mit einer deplatzierten Geige ersoffen, die die schönen Bouzouki-Elemente kaum durchklingen lässt. Die Kindermelodie von "So Einfach Ist Das (mit Nuking Bonez)" ist genau so 'behindert', wie der MC im Track selbst betont. Für einen Witz ist das halt nicht witzig genug. "Wovor Läufst Du So Weg" demonstriert, dass Prezident ein Strophenrapper ist, der Refrainschreiben oft verwechselt mit halt mal tiefer Luft holen. Das ist Meckern auf hohem Niveau, diese Unzulänglichkeiten sind aber halt auch nicht mehr Prezidents Niveau.
2 Kommentare mit 2 Antworten
Oben beim Interpreten richtig, aber im Text fälschlicherweise Drunken Masters statt Drunkn Masters geschrieben, sind gänzlich unterschiedliche Producer
Und selbstverständlich Viktor Bertermann statt Viktor Bertemann
oops, danke für die Hinweise!
Ich finde das so ultimativ langweilig/belanglos...