laut.de-Kritik
Drei rüstige Rentner treiben ihren Body Count in luftige Höhen.
Review von Dominik LippeEigentlich gibt es gegen derartige Pressetexte Gesetze. "Jede Werbeaussage, die objektiv falsch sei und den Verbraucher in die Irre führe, sei unlauter", berichtete die Süddeutsche Zeitung 2013 über ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Die Marketing-Abteilung der Calimeros ficht das jedoch nicht weiter an. "Shalala" sei "ein weiterer Meilenstein" von Roland Eberhart, Andy Rynert und Andy Steiner, die sich als Trio "immer wieder neu erfinden". Ihnen sei ein Album "voller Leichtigkeit und Einzigartigkeit" gelungen, heißt es da, obwohl doch offensichtlich jeder Titel wie ein Plagiat des vorherigen klingt.
Tatsächlich greifen die Calimeros noch nicht einmal auf das Feigenblatt der Schlagerpiloten zurück, ihrem Geklimper einen Jota landestypischer Musikelemente hinzuzufügen. "Ich Singe Shalala" steht mit seiner Stadionatmosphäre, den Billo-Synthies und Mitmach-Claps sowie ihrem drucklosen Schmachtgesang exemplarisch für die kommenden 50 Minuten. Und doch handelt es sich um die größte kreative Leistung, da sich die Schweizer für das Stück an "Shalala Lala" (2000) der Vengaboys oder womöglich gar an deren Vorbild "Sha-La-La-La-La" (1973) der niederländischen Band The Walkers bedienen.
Ganz in ihrem Element sind sie mit "Der Wind Und Das Meer", das sich ihren "Knatter-Abenteuern" widmet, bei denen sie ein "Mädchen flachlegen, es angebumst zurücklassen und ihm als Dank ein klischeetriefendes Kitschlied widmen", wie Oliver Kalkofe einmal ausführte. "Noch spät allein" begeben sie sich auf ihren nächtlichen Streifzug. "Sommer-Liebe sollte unser Schicksal sein", eröffnen sie der vermeintlichen Liebe. Doch schon im nächsten Moment verweisen sie auf das baldige Verfallsdatum des Bundes, wenn die Elemente ihnen ein "Abschiedslied" singen, "weil unser Traum zu Ende geht".
Apropos Albtraum, ein Szenario wie "Acapulco Bei Nacht" malen die Schweizer in güldenen Farben. Was die Mitarbeiter des Tourismus-Büros sicherheitshalber verschweigen, ist, dass "die schönste Stadt von Mexiko" zugleich eine der gefährlichsten der Welt darstellt. "So manche Stars aus Hollywood lieben diese Sommerstadt", locken sie mit ihrem Sirenengesang, als ginge es um die Côte d'Azur. Dabei steckt die Stadt derart tief im mexikanischen Drogenkrieg, dass das Militär im Jahr 2018 die von Bandenmitgliedern durchsetzte örtliche Polizei entmachten musste.
Doch weg vom Blutvergießen zurück zur Fleischeslust. Ihren bekannten Hang zum Exhibitionismus stellen sie erneut zur Schau. Ob ihnen nun "Das Perlenmädchen Von Sansibar" "im Sand den Verstand" raubt oder "Ein Rotes Himmelbett" auf dem öffentlichen Strand platziert wird. "Wir brauchen kein Hotel im Abenteuerland", argumentieren die Calimeros lapidar, selbst wenn sie damit die so gastfreundliche örtliche Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen. Nicht auszudenken, was passierte, wenn ihnen einmal das Geld für Reisen ausginge. Hiesige Parks müssten zu No-Go-Areas erklärt werden.
Während sich Rapper in ihrer Bonnie-&-Clyde-Metaphorik verlieren, nehmen sich die Calimeros die körperbetonteren "Tarzan & Jane" zum Vorbild. Kaum haben sie die eben noch vom Schicksal Auserwählte schlafend zurückgelassen, um Richtung Heimat aufzubrechen, schon ergibt sich am Flughafen eine weitere Möglichkeit, einen wegzustecken. "Ein kurzes 'Hi' in einem Airport-Café. Du 'Paris' und ich 'Berlin' hatten wir auf unseren Flugtickets stehen", erzählen sie mit der Sprachfertigkeit des von Affen aufgezogenen Kraftprotzes vom nahenden Quickie. "Flug verpasst und schuld daran bist du."
Bei den Calimeros dürfen Männer noch Männer sein. "Wenn du in meinen Armen liegst, denkst du dann noch an ihn?", verbinden sie die eigene Promiskuität mit Eifersucht, "Ruf ihn an und sag' ihm, dass du heute bei mir bleibst." Und wenn sie nach der Forderung aus "Wenn Du In Meinen Armen Liegst" nicht spurtet, muss der "Liebe" schonmal Nachdruck gegeben werden: "Da ist noch Liebe, auch wenn du's jetzt nicht glauben willst." Unterm Strich bleiben 16 maximal leidenschaftslose Songs, auf denen die rüstigen Rentner im einlullenden Ton ihren Body Count in luftige Höhen treiben.
6 Kommentare mit 11 Antworten
Wer würdet ihr sagen hat mehr gefickt? Die Calimeros, die Schlagerpiloten oder doch die Amigos?
Amigos haben in ihrem Leben deutlich mehr gefickt als sie gepisst haben, ma sagen. Die Frage stellt sich nicht wirklich.
Amigos mois das ist eine bekannte Tatsache hier in Mainz
Kleiner Scherz am Rande, aber im Prinzip isses so...
Amigos am längsten (Ü70), die anderen öfter, da zu dritt.
Die Amigos haben absolut keine Konkurrenz auf diesem Feld.
Weiß nicht, ob das so klar ist. Diese Pilotenuniformen machen mich schon ziemlich heiß...
Ich habe mal irgendwo gelesen, dass Till Lindemann die Idee mit der Suckbox bei den Amigos abgeschaut hat. Deswegen eindeutig die Amigos.
Das Urteil scheint ja eindeutig zugunsten der Amigos auszufallen. Gut, waren wahrscheinlich auch mal ein paar kräftigere dabei.
Die Amigos waren am Anfang auch zu dritt unterwegs, sollte man als Deutschrapfan eigentlich wissen. Und ja die haben mit Abstand meisten weggeflext nach meinen Infos gibt es kein Altersheim oder Häkelkurs wo die Typen keine "Zugabe" gebracht hätten.
Nein zu Row Zero im Altenheim!
Warum schenken die sich bei dem Video da gegenseitig Kaffee ein? hahahahah
Weil er sonst kalt geworden wäre. Am Ende wäre er vielleicht noch ungeliebt ausgeschüttet worden. Nachhaltig geht anders.
Gruß
Skywise
In Mikroplastik erstickte Altmännerhoffnung, "Es" (im Freud'schen Sinne) immer noch draufzuhaben.
"Shalala Lala" (2000) der Vengaboys
Argh, danke für den Ohrwurm...
Shalala-Lala, shalala in the moooorning!
Im Schlager geht's doch echt immer nur ums Vögeln.
… "Wir brauchen kein Hotel im Abenteuerland" …
Hartmut Engler Beef incoming