laut.de-Kritik
Swing-Nerds in der Genre-Achterbahn.
Review von Amelie KöpplSage und schreibe vier Jahre haben Caravan Palace gebraucht, um ihr zweites Album zu veröffentlichen. Die fünf Musiker und Programmierer um die reudige Gesangsstimme von Colotis Zoé vermischen auf "Panic" nicht nur Altbewährtes, sondern erproben auch neue Genres.
"Queens" zieht einen spotan in den Bann. Der lebendige Rythmus, die verzerrten Stimmen und die swingig angehauchten Gitarrensamples verselbstständigen sich und markieren einen großen Sprung seit ihrem Durchbruch mit "Jolie Coquine". Denn
Caravan Palace sind mittlerweile mehr als ein paar Swing-Nerds mit viel Liebe für elektronische Musik.
Einen tiefen Eindruck hinterlässt kurz darauf "The Dirty Side Of The Street", das schon in den ersten Sekunden mit seinem tiefen und dreckigen Bass überzeugt. Dazu gesellt sich schneller Gesang und abgefahrene Vibraphon-Soli. Caravan Palace erreichen damit bereits mit dem dritten Song fast ihr Ziel des unfassbaren Facettenreichtums. Und das nur, um im nächsten Track wieder in einen schleppenden Schlendrian zurückzufallen. Futuristisch und klassisch im selben Atemzug zeigt sich daraufhin "12 Juin 3049" von seiner charmanten Seite.
Doch gerade wenn einen das freundlich klimpernde Vibraphon in den Sessel zu drücken scheint, startet Colotis Zoé erst so richtig durch und legt eine 1a-Rockabilly-Performance aufs Parkett. ("Rock It For Me"). Im selben unflätigen Ton geht es auch weiter. Denn der nächste Track verbindet tiefen Bass mit rockigen Elementen der 50er Jahre.
Grundsätzlich könnte man behaupten, das zweite Album der Franzosen bestünde aus einer einzigen Berg- und Talfahrt. Dann würde man aber die ganzen schönen Momente übergehen, aus denen sich "Panic" zusammensetzt. Denn mit "Dramophone" halten Caravan Palace ihren musikalischen Wurzeln die Treue, die tief im Gypsy-Jazz verborgen sind. Dabei ergreift übrigens, wie auch in "Sydney", zur Abwechslung mal Cyrille-Aimée das Mikrophon. Nicht zu vergessen sind natürlich die extrem tanzbaren Tracks "Panic!" und "Beatophone", die ganz ähnlich wie "Dramophone" der alten Tradition nachtrauern.
"Panic" ist ein durch und durch gelungenes Album für die Plattenteller gemütlicher Kellerclubs. Feierwütige Handclaps durchaus erwünscht!
Noch keine Kommentare