laut.de-Kritik

Größenwahn und Orchester-Rap: penetrant, aber hochwertig.

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Es gibt doch tatsächlich Menschen, die mit so viel Talent gesegnet sind, dass sie irgendwann nicht mehr wissen, wohin damit. Abhilfe schafft nur noch das Extrem. Der Drang, die aufkommende Langeweile vom eigenen Genius zu bekämpfen, wird so groß, dass die Norm bei weitem nicht mehr ausreicht, und es mehr bedarf als die bloße Zurschaustellung der eigenen Fähigkeiten.

Frei nach dem Motto 'immer höher, immer weiter' versucht auch Jason Charles Beck, alias Chilly Gonzales, sich der Ketten seiner Begabung zu entledigen, indem er sich und seine Fähigkeiten ausreizt und stetig neu positioniert.

Und so spielt sich der kanadische Ausnahmepianist während eines Weltrekords im Dauerspielen knapp 27 Stunden die Finger wund. Oder – wie im Falle des aktuellen Albums "The Unspeakable" – er kreiert ein völlig neuartiges Genre: Den Orchester-Rap.

Sein Hang zum Hip Hop ist schon länger bekannt. Bereits auf "The Entertainist" aus dem Jahr 2000 huldigt er dem Sprechgesang. Nun geht der Weltenbummler einen Schritt weiter.

Mit Hilfe eines von seinem Bruder Christoph Beck inszenierten "Orchesters" rappt sich Chilly Gonzales regelrecht in Rage. Keine Beats, keine Elektronik, stattdessen hypnotisierende Glocken, französische Hörner, Pauken, Trompeten und Breitwand-Geigenflächen, die selbst ein Howard Shore nicht opulenter hätte produzieren können.

Songs wie das kindlich instrumentierte "Self Portrait", das monumentale Pauken – und Trompetendrama "Supervillain Music" oder das orientalische "Party In My Mind" lassen offene Münder zurück. "The Unspeakable" überzeugt durch penetranten aber qualitativ hochwertigen Größenwahn, der sowohl textlich als auch musikalisch in puncto Epik und Selbstdarstellung neue Maßstäbe setzt.

Den vermeintlichen Höhepunkt des Werks bildet der Song "Who Wants To Hear This?", der bereits im Titel genau die Frage stellt, mit der sich kleinkariertes und engstirniges Denkertum als erstes beschäftigen wird, wenn Chilly Gonzales seine Crossover-Pforten öffnet.

Trackliste

  1. 1. Supervillain Music
  2. 2. Self Portrait
  3. 3. Party In My Mind
  4. 4. Different Kind Of Prostitute
  5. 5. Rap Race
  6. 6. Beans
  7. 7. Bongo Monologue
  8. 8. Who Wants To Hear This?
  9. 9. Shut Up And Play The Piano

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7 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    Absolut einverstanden, lieber kurz und gut als lang und langweilig. Wobei ich das Ganze gar nicht so penetrant finde wie beschrieben. Ich finde das passt richtig gut und lässt sich locker anhören. Ich habe auch nur kurz gestutzt, weil ich mir am liebsten die Vinyl von guten Sachen hole. Und die sind ja leider etwas teurer als CDs und dann dachte ich als EP für nen Zehner wär's auch OK gewesen ;-) Aber ich kaufe mir die Scheibe auch so!

  • Vor 13 Jahren

    Absolut einverstanden, lieber kurz und gut als lang und langweilig. Wobei ich das Ganze gar nicht so penetrant finde wie beschrieben. Ich finde das passt richtig gut und lässt sich locker anhören. Ich habe auch nur kurz gestutzt, weil ich mir am liebsten die Vinyl von guten Sachen hole. Und die sind ja leider etwas teurer als CDs und dann dachte ich als EP für nen Zehner wär's auch OK gewesen ;-) Aber ich kaufe mir die Scheibe auch so!

  • Vor 11 Jahren

    Schreib hier eigentlich nur, weil ich anmerken wollte, dasses schon schick wär die Scheibe bei den anderen Gonzales-Sachen dazugeornet zu haben - ganz tolles Album btw.