laut.de-Kritik
Weg vom fragilen Songwriter-Sound, hin zum Indiepop.
Review von Martin LeuteDiesmal wollte die österreichische Band Clara Luzia um Frontfrau Clara Humpel Musik mit "Eiern" machen, um sich von dem fragilen Songwriter-Sound, der die ersten beiden Alben auszeichnet, zu lösen und sich neuen Spielarten zu öffnen. Das ist insofern bemerkenswert, als das bisherige musikalische Konzept aufging und das Werk "The Long Memory" (2007) gar mit dem österreichischen Musikpreis "Amadeus" ausgezeichnet wurde.
"The Ground Below" hat dieses Vorhaben einen dichteren, pompöseren Sound beschert, der sich beschwingt an den Pop anlehnt. Dabei bleibt das Ensemble verspielt genug, um sich nicht einseitig vereinnahmen zu lassen.
Zwischen Pop und Folk kreiert das Quintett einen lebendigen Sound, der die Melancholie nicht gänzlich abschütteln will und sich eine sympathische Kauzigkeit bewahrt hat, die einst den Indiepop einer Ingrid Michaelson auf "Girls" so liebenswert gemacht hat. Atmosphärisch trifft in den feinsinnig instrumentierten Kompositionen die Sentimentalität einer Anna Ternheim und Missincat auf die Spielfreude einer Regina Spektor, Dear Reader oder Kate Nash.
Zu Drums, Posaune, Streichern, Keyboard und elektrischer Gitarre intoniert die Sängerin mit betörendem, immer etwas brüchigem Gesang ihre reflektierten Geschichten über die Stadt und das Land, Sehnsüchte über zwischenmenschliche und politische Unzulänglichkeiten, und spielt erneut charmant mit den hetero-normierten Geschlechterrollen: "I was a beautuful boy/ a gorgeous girl/ I was the queen of the wolves/ and the king of the birds" singt sie im starken Opener "Queen Of The Wolves" zu wunderbarem Cello-Arrangement und losgelöstem Schlagzeugspiel.
Dem Vaudeville-Pop in "All I Wish For" verleiht das Akkordeon und die Posaune einen unaufdringlichen balkanesken Flair, "Faces" erhält seinen Reiz durch den mit Gastvokalistin Emma McGlynn vorgetragenen Sprechgesang. "I Found A Stone On The Wayside" wiegt sich anschließend ebenso sanft im Walzertakt wie das mit einer sehnsüchtig anhebenden Chor-Einlage versehene "These Lines".
Neben dynamischeren Tracks wie "Headlong" oder "Two Of Them", das selbstbewusst das Kinderlied "Frère Jacques" aufgreift, stehen auf dem Pianospiel basierende Balladen wie "Bleed", "Tired City" und das entrückte "Petah Pan" und die introvertierte Akustikgitarre-Nummer "Ten-Legged Family". Hier ein Xylophon und ein Tamburin, dort ein Horn und ein Banjo runden die Inszenierungen gekonnt ab.
Mit "The Ground Below" hat die fünfköpfige Band ein unverkrampftes und abwechslungsreiches Album eingespielt, das mit seinen zwischen Fröhlichkeit und nachdenklichen changierenden Melodien und anspruchsvollen Arrangements selbstbewusst internationale Ansprüche geltend machen darf.
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