laut.de-Kritik

Devise: Fransen ja, Schwammigkeiten nein.

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Bei Warp Records glaubt man an Chris Clark. Er sei Fackelläufer einer neuen Generation, die die Labelphilosophie weitertrage: grenzenweitende und schwierig zu imitierende elektronische Musik zu erschaffen. Die "Growls Garden"-EP, entstanden im Zuge seiner Arbeit am kommenden dritten Album, habe den Glauben der Labelverantwortlichen noch weiter gefestigt. Soweit der Pressetext.

Was im Regelfall als vollmundige Prahlerei mit dem eigenen Stall abgetan werden kann, grenzt beim Wahlberliner Clark an Understatement. Schlafentzug habe die spontane Entstehung der Tracks befördert, kommentiert der Künstler: "Ich 'erfinde' meine Musik nicht, das ist ein natürliches, instinktives Ding." Beim Produzieren fühle er sich wie ein kleines, wildes Kind.

Tatsächlich porträtiert das Bild des ADHS-Zöglings seinen Output recht adäquat. Äußerst verspielt wie auch verliebt in die kleinen Details und großen Atmosphären waren schon seine Techno-Panoramen "Body Riddle" und "Turning Dragon", vorliegende EP macht da keine Ausnahme. Aus der IDM/Electronica-Konkurrenz sticht jedoch neben der infantilen Herangehensweise auch diesmal wieder sein untrügliches Gespür für Präzision hervor.

"The Magnet Mine" etwa würfelt komplexe Melodiefragmente zusammen, liftet das Stück währenddessen mit einer durchdringenden Bassdrum auf die nächsthöhere Ebene - chaotisch wirkt das trotzdem zu keiner Zeit. Denn in der Ideenflut vermeidet Clark jeden Eindruck von Unentschiedenheit. Er produziert den kleinsten Wimpernschlag mit größter Sinnesschärfe exakt auf den Punkt. Devise: Fransen ja, Schwammigkeiten nein.

Das Drill'n'Bass-Feuerwerk "Seaweed" schmeckt zwischendrin schwer Acid-haltig, bis ein überdimensionierter Staubsauger durchs Bild fährt und mal schön aufräumt mit der Aphex Twin-Sprengselhaftigkeit. Seinen eigenen Style abseits des alteingesessenen Warp-Superhelden findet Clark noch deutlicher auf den weiteren Tracks. Imposantestes Beispiel: ein Titeltrack, der eigentlich im Songkostüm daherkommt.

In knapp fünf Minuten fährt Clark hier von erschütternden Subbässen über eine überraschend straighte Snare zu prozessierten Vocals (Premiere!) ein Füllhorn an Distinktionsmarken auf. Das Fingerspitzengefühl, selbst den kompromisslosesten Dancefloor-Knaller noch mit einer Melancholie-Patina zu versehen, vergoldet dieses Trojanische Pferd.

Im Jungle/Hardcore-Techno-Hybrid "Gonk Roughage" lacht dir wiederum ein hektisch gelooptes "At times it can get a little rough"-Sample fies ins Gesicht. Hier werden die Möglichkeiten des Genres in Hinblick auf die BPM-Zahl voll ausgereizt.

"Distant Father Torch" bremst dann etwas runter, nicht aber die Zahl der Geistesblitze per minute: Trunkene Synths mäandern durch eine gefühlte Kathedrale, bevor das Ambient-Outro "Farewell Mining Town" alles in gleißendes Licht taucht. Bleibt die Frage, warum das Clash Magazine lediglich von der "best dance music we've heard in 2009" spricht. Ich plädiere auf Futur II.

Trackliste

  1. 1. Growls Garden
  2. 2. The Magnet Mine
  3. 3. Seaweed
  4. 4. Gonk Roughage
  5. 5. Distant Father Torch
  6. 6. Farewell Mining Town

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