laut.de-Kritik

Man erwartet nur das Beste und bekommt genau das geboten.

Review von

Im Grunde ist es arg langweilig, Platten von Künstlern wie den Jurassic 5, den Roots oder eben Common zu rezensieren. Man erwartet nur das Beste und bekommt genau das geboten. Wo bleibt die Spannung? Wo der Überraschungseffekt? Ist jemand, der Alben wie "Be" oder den von mir noch höher geschätzten Vorgänger "Like Water For Chocolate" abgeliefert hat, überhaupt in der Lage zu enttäuschen?

Zumindest fängt Common damit auch mit seinem mittlerweile siebten Studioalbum gar nicht erst an. Er präsentiert, ganz im Gegenteil, ein weiteres musikalisch wie lyrisch ausgereiftes Argument dafür, warum eigentlich jeder, der bei klarem Verstand und funktionierendem Gehör ist, Hip Hop lieben müsste. Wie bitte? Dem ist gar nicht so? Nun, von der perfekten Welt sind wir wohl noch ein ganzes Stück entfernt.

Was nicht an Common liegt, der mit wohlgesetzten Worten, intelligent konstruierten Reimen und elegantem Flow ein weiteres Mal Zeugnis von der Bedeutung der Vokabel "MC" ablegt. Seine glasklar artikulierten, rhythmisch ausgefuchsten Lines formieren sich zu geschliffenen Versen, dass es eine wahre Freude ist. "Can't leave rap alone, the streets need me." Selten habe ich in letzter Zeit eine Zeile vorbehaltloser unterschreiben wollen.

Das luftig perlende, mit entspannenden Harfentönen durchzogene Intro geht auf die Kappe Derrick Hodges, der den Platz an den Reglern alsbald für Commons üblichen Weggefährten Kanye West räumt. "Start The Show", der Titel spricht Bände. Jetzt geht's los, und das unüberhörbar, mit druckvollem, das Gesamtbild aber dennoch nicht erdrückenden Bässen. Von Dosierung versteht man durchaus etwas im Hause West.

"It's the festival of hip hop, we do it non stop." Orgelklänge bereiten den deswegen nicht weniger entschlossen wirkenden Vocals in "The People" ein melodiöses Bett. Common behält Bodenhaftung sowie die Bedürfnisse seines Publikums im Blick, und doch: "I never kissed the ass of the masses." So schnell wird er das wohl auch nicht tun. Wozu auch? Offensichtlich schafft man es auch ganz ohne Anbiederei auf Platz 1 der Charts.

Den basslastigen, reduziert, aber dennoch überaus funky daher groovenden Synthiesound aus "I Want You" hat Will.I.Am zu verantworten. Die angenehm warme, pianodurchklimperte Grundlage zu "So Far To Go" erinnert an knisterndes altes Vinyl, an die Isley Brothers und an Dilla, den unvergessenen Urheber dieses Beats. In "Missunderstood" trägt Devo Springsteen ein wenig zur Verbreitung des verschütteten Wissens bei, dass das flehentliche "Don't Let Me Be Misunderstood" lange vor der Verwurstung zum Disco-Klassiker einst aus dem Munde Nina Simones ertönte.

Abgesehen von den drei Ausnahmen schwingt Kanye West den Taktstock und brennt ein wahres Feuerwerk ab. In seiner Samplekiste finden sich neben Gil Scott-Heron, Stevie Wonder und George Duke die großartigen Einstiegsbässe aus Paul Simons "Fifty Ways To Leave Your Lover". Scratches von DJ Premier veredeln "The Game", das der wuchtige Bass zu einem ordentlichen Kopfnicker-Track auswachsen lässt.

Einzig der vollgestopfte, alles platt walzende Chorus aus "Southside" will mir nicht so recht schmecken, und warum für das ohnehin etwas eintönige "Drivin' Me Wild" ausgerechnet auf das magere Stimmchen einer Lily Allen zurück gegriffen wurde, muss ich auch nicht verstehen. Doch ganz ohne Salz wäre die Suppe ja noch langweiliger. In Anbetracht der wohl mundenden Gesamtkomposition sei dem Koch dieser kleine Fehlgriff mühelos vergeben.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Start The Show
  3. 3. The People
  4. 4. Drivin' Me Wild
  5. 5. I Want You
  6. 6. Southside
  7. 7. The Game
  8. 8. U, Black Maybe
  9. 9. So Far To Go
  10. 10. Break My Heart
  11. 11. Misunderstood
  12. 12. Forever Begins

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LAUT.DE-PORTRÄT Common

Common. Unpassender hätte der Rapper aus Chicago seinen Namen nicht wählen können. Von "gewöhnlich" ist dieser Styler vor dem Herren Lichtjahre entfernt.

45 Kommentare

  • Vor 17 Jahren

    common ist weder rassist, noch ein freak, noch sonstwas. dieser typ nimmt sich selber einfach viel zu ernst. ich versteh schon, was er mit dieser dreadlock/white girl geschichte meint. dreadlock-tragen war anscheinend ursprünglich ein sehr poltitisches statement und mit einer weissen frau auszugehen, ist im ursprünglichen sinne der dreadlocks wohl sehr widersprüchlich. aber MEIN GOTT: wie ernst kann man das alles nehmen? heute rennt auch jeder banker in der freizeit mit dem che guevara shirt rum und der alt-hippie geht im starbucks kaffee trinken...usw. menschen sind nun mal widersprüchlich. auf jeden fall sollte sich der herr wieder mal ein bisschen locker machen und sich beispielsweise darüber freuen, dass im deutschsprachigen raum sein album wahrgenommen und sogar diskutiert wird und er damit sogar menschen ausserhalb seines kulturkreises oder seiner 'rasse' (wenn er das unbedingt so sehen will) erreichen und auf probleme (meinetwegen: seines kulturkreises oder seiner 'rasse') aufmerksam machen kann, aber das geht solchen leuten dann völlig ab. stattdessen schimpfen sie tagelang über irgendwelche vanilla faces und typen mit dreadlocks, vergessen dabei das musik machen und das resultat sind dann solch grässliche alben wie das vorliegende, das nicht mal diesen comment wert ist...

  • Vor 13 Jahren

    grandioses album, mit "BE" einfach ganz großes kino. Kanye hat schon einige Klassiker produziert und Common fesselt einen mit seiner einzigartigen Stimme. Selbst der Track mit Lily Allen ist gelungen.