laut.de-Kritik
Post Hardcore für den Herbst.
Review von Susann BeckDiese Scheibe ist nichts für suizidgefährdete Pessimisten. Die könnten nämlich den düsteren Pressgesang und die harmonisch wilde Wechselstimmung im Neurosis-Stil der sieben Schweden falsch verstehen.
"Salvation" heißt der neue Post Hardcore-Dauerbrenner von Cult Of Luna und kommt zur Jahreszeit passend recht düster, melancholisch, nachdenklich und dennoch energiegeladen aus dem kalten Norden. Produziert hat die Band das Album selbst. Klas Rydber (vocs), Johannes Persson und Erik Oloffson (g), Thomas Hedlung (d), Anders Teglund (key), Andreas Johansson (b) und Magnus Lindberg (sound engineering) schaffen es mit raffinierten Frickeleien ihren neuen Longplayer mit 73:36 min Spielzeit auf Hochtouren zu bringen.
Mit leisem Zupfen an Gitarrensaiten und unterlegt von tiefschwarzen elektronischen Samples, baut sich der Opener "Echoes" auf. Nach vier Minuten mimen die Töne eine Melodie, die durch einprägsame Drums und mehrstimmige Gitarren bedrohlich herab sinkt. Der Song frisst sich langsam unter die Fingernägel, um nach einem kurzen Break mächtig, ausladend und schmerzhaft ins Fleisch zu fahren. Zwei Minuten später drückt dann auch der Shouter Klas ein paar vibrierende Screams in die Wunde.
Von dynamisch stampfenden Riffs wird man bei "Leave Me Here" abgeholt, die auch schon kurz darauf von psychedelischen Gitarrensoli enttarnt werden. Brachial und plötzlich preschen die Shouts, dass der Eindruck entstehen könnte, der Kerl brüllt einem direkt in die Seele.
Diffizile Elektro-Sphären vereinen die einzelnen Songs. So bringt "Waiting For You" Abwechslung und fängt leicht jazzig an. Nach fünf Minuten Beschwingtheit beginnen Cult Of Luna, drohende, düstere Töne mit ihren Instrumenten auszuspucken. Am Ende dieser Apokalypse schreit der Sänger auf befreiende Weise das hinaus, was man die ganze verdammte Zeit schon unterbewusst gespürt hat: "I'm waiting for you".
Bei "Crossing Over" liegt Klas' Stimme klaffend am Boden und wirkt, als habe man ihr die Deckkraft genommen. Im Vordergrund säuselt elektronisches Getüftel, und endlich ertönt die lang ersehnte klare Stimme von Tiger Lou. Durch die zweistimmigen Gesangspassagen vermischen sich Zerbrechlichkeit und Gefahr. Welch schöner Herzschmerz!
Cult of Luna wechseln in ihren Melodien zwischen schwarzem Tiefgang und kraftvollem Leichtsinn. Sie umschließen mächtige Soundwände mit minimalistischen Melodien, die depressiv ins Gemüt fahren. Jedoch sind Vergleiche zu Bands wie Neurosis oder Isis nicht von der Hand zu weisen. Auch schade, dass der Gesang nicht öfters ins Cleane wechselt. Wer aber auf ein anspruchsvolles Musikgewand steht, sollte unbedingt in die Scheibe reinhören.
Noch keine Kommentare