laut.de-Kritik

Entschleunigung ist das Zauberwort.

Review von

Curse Of Lono existieren seit gerade einmal drei Jahren und schlugen – jedenfalls hierzulande – noch nicht allzu hohe Wellen. Doch sie haben etwas zu erzählen. Das liegt vor allem an Bandkopf Felix Bechtolsheimer. Das 2017 erschienene Debütalbum "Severed" zentrierte er um seine einstige Heroinsucht. Auf "As I Fell" agiert er thematisch breiter, weiterhin mit der Storyteller-Attitüde nachdenklicher Folkloristen. "Cinematic" soll die Musik dazu klingen, quasi den Soundtrack zu seinen Geschichten bilden. Das gelingt, indem Curse Of Lono düsteren Americana mit Indie und Rock verwaschen.

Einige Bilder dazu gibt die Band mit der sehenswerten Kurzdokumentation "Somewhere In Their Heads" schon vor. Damit gewannen sie bzw. Regisseur Gregg Houston Preise auf mehreren Filmfestivals. Auch zum Debüt gab es bereits ein filmisches Produkt: "Saturday Night", ein ebenfalls ausgezeichneter Kurzfilm basierend auf dem Skript, das die Outline für das Album bildet. Doch es geht ja um die Musik. Die ergibt tatsächlich je nach Perspektive nicht nur Songs, sondern auch Klangteppiche, die ebenso gut als unaufdringliche Kulisse funktionieren wie als fokussiertes Objekt.

Bechtolsheimers Gespür für atmosphärische Details äußert sich in "Kathleen" in Form leichter Klaviertöne und dank viel Reverb langer und voll klingender Bottleneck-Slides. In "And It Shows" doppelt eine Mundharmonika kaum wahrnehmbar die Gitarren, Backgroundsänger in gleicher Manier Bechtolsheimers Lead-Vocals und ein Reverse-Effekt dient als träumerisches Fade-Out. Es ist die Musik zum Neumondspaziergang in der Stadt. Bechtolsheimers ruhige Stimme gemahnt leicht an Mark Knopfler, allerdings verzichten Curse Of Lono weitgehend auf das instrumental Energische der Dire Straits. Nur im forschen "Way To Mars" nutzen sie ähnliche Stilmittel. Zusammen mit dem bluesigen "The Affair", der Rocknummer "Blackout Fever" und dem ans "Sopranos"-Theme erinnernde "I'd Start A War For You" lockert der Track die melancholische Langsamkeit des Albums auf.

Viele Songs wirken beim vagen Hören unscheinbar. Simple Gitarrenpatterns, überschaubare Drumbeats und statisch anmutender Bass dominieren. Auf dieser Basis funktioniert "As I Fell" wie das klangliche Äquivalent einer Bob Ross-Malerei in Nachtfarben: Solange es harmoniert, ist Platz für immer noch ein bisschen mehr. Während man die Oberflächenstruktur in der Regel schnell durchschaut, bleiben die Songs in der Tiefe unvorhersehbar. In "Way To Mars" und dem Titeltrack schlängelt sich eine Leadgitarre ungebunden durch die Komposition. Oft schweben im Hintergrund Ambient-Texturen, in "As I Fell" erklingt eine sanfte Trompete.

Die in den Lyrics beschworenen Szenerien erscheinen mal sehr konkret und physisch greifbar, mal mehr nach innen gerichtet auf metaphorischer Basis, mal auch ineinander verzwirbelt. "Kathleen" zeichnet ein urbanes Bild: "And the cars driving by they don't touch me like before / Down in the gutter is where I pretend to be free [...] For heaven's sake put your foot on the gas, Kathleen". "And It Shows" erinnert als unbestimmtes Mahnmal an oben erwähnte Drogenphase seines Urhebers: "My best friend’s waiting on the other side / I put a rose on his grave, hit my knees and cried and I say / So doctor can you help me?"

In "Leuven" erzählt Bechtolsheimer nicht aus seiner Sicht, sondern aus der seines Großvaters und zeichnet ein schweres Zugunglück in den 50er-Jahren nach. Das Schlagzeug schweigt hier lange, durch die Kombination von Gesang und düsterer Ambient-Fläche entsteht ein Hybrid aus Filmmusik und Folk. Später schälen sich Streicher aus diesem Bett und mit einsetzenden Drums sowie einer schweren, noisigen E-Gitarre kumulieren die Stränge in einem lauten, dynamischen Höhepunkt. Schließlich verklingt das Album mit einem Ausschnitt aus Franz Doelles beinahe hundert Jahre alten Schlager "Wenn Der Weiße Flieder Wieder Blüht".

"As I Fell" ist ein Werk der Entschleunigung, in Szene gesetzt durch tolles Arrangementverständnis. Atmosphärischer Indie und Folk ergänzen sich zu einer Mischung, die wegen insgesamt dunkler Stimmung und Blues-Einwürfen deutlich näher an Tom Waits als an den beschwingten Tunes von etwa Mumford & Sons liegt. Zu letzteren waren auf "Severed" noch eher Parallelen zu erkennen, nachdem Bechtolsheimer vor Curse Of Lono lange Jahre mit der Band Hey Negrita ohnehin in dieselbe Kerbe schlug. Nun gibt es kaum noch Berührungspunkte und Curse Of Lono entwickeln sich mehr und mehr zu eigenständigen Hoffnungsträgern eines von ihnen selbst als Cinematic Rock bezeichneten Genres.

Trackliste

  1. 1. Valentine
  2. 2. Way To Mars
  3. 3. And It Shows
  4. 4. I'd Start A War For You
  5. 5. Kathleen
  6. 6. Blackout Fever
  7. 7. Tell Me About Your Love
  8. 8. As I Fell
  9. 9. The Affair
  10. 10. No Trouble
  11. 11. Leuven

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