Porträt

laut.de-Biographie

DJ Mujava

DJ Mujava produziert eine düstere, kickende Mischung aus Kwaito und House – seine 2008er Hitsingle "Township Funk" besteht aus nicht viel mehr als einem infektiösen, leicht scheppernden und schleppenden Breakbeat und einer unvergesslich wabernden Synthielinie, die DJs wie Gilles Peterson zum Sabbern bringt und so ziemlich alle anderen zum Tanzen. "Township Funk", alleine schon der Name trägt einen Sack voll Groove in sich. Und wer steckt dahinter?

Ein südafrikanischer DJ im Studentenalter. DJ Mujava ist einer der nettesten Nebeneffekte der Globalisierung. Irgendein Fuchs beim Londoner House-Label Warp Records stöberte ein wenig auf Youtube und findet dieses spezielle Video aus Pretoria, das gar nicht großartig produziert ist, aber voller eigenartiger Tanzmoves und einer trockenen Art von Understatement-Coolness steckt, nach der man in den angestrengt hippen europäischen Metropolen oftmals lange sucht.

Es begibt sich also, dass dem Fuchs von Warp die Kinnlade herunterklappt und er dem Schulabbrecher Mujava einen weltweiten Vertrag mit Warp offeriert. Elvis Maswanganyi ist somit ein Musterbeispiel für das lohnenswerte Unterfangen eines Labels, das seine Fühler weit ausstreckt, um nicht-amerikanische und außereuropäische Dancefloors zu erkunden.

Oft gehen diese kulturellen Expeditionen einher mit Einblicken aus anderen medialen Bereichen wie zum Beispiel Film. Man denke zum Beispiel an Mereilles' Favela-Drama "City Of God", das anschließende Revival brasilianischer Popmusik in Europa und die folgende Etablierung von Baile Funk in Mixtapes und DJ-Sets der großen Städte.

Eine ähnliche Verquickung kann man auch in dem Interesse beobachten, dass Südafrika und seiner Kwaito-Musik nach dem Film "Tsotsi" entgegenbracht wird. Wieder ein Gangsterfilm, wieder unterlegt mit großartiger Musik aus den Armenvierteln eines weit entfernten Landes. Die Musik von Mujava kommt aus dem Township Atteridgeville in der industriell geprägten Hauptstadt Pretoria und ist sowas wie Kwaito reloaded.

Die Single "Township Funk" erscheint auf seinem Album "Sgubu Sa Pitori" ("Der Sound Pretorias") beim Johannesburger Dance-Label Sheer. Obwohl Mujava zum Zeitpunkt seines Warp-Signings erst 21 Jahre alt ist, beschäftigte er sich in den Jahren zuvor bereits intensiv auf nationaler Ebene mit dem Muskbusiness.

Zusammen mit einem Freund gehört ihm die eigens aus der Taufe gehobene Produktionsfirma House Therapy Productions, auf der er bei sich zu Hause per Cubase lokalen Acts widmet, die sich dem eingängigen und distinktiven Sound der Hauptstadt-Townships verschrieben haben. Die Rede ist von trockenen, polyrhythmischen Drumloops, mit wenig oder gar keinen Vocals, Breakbeat-Anmutungen und dem Kwaito-typischen, leicht abgebremsten House-Sound, der Dancehall-Anleihen und Arschtritt vereint.

Verrückterweise fährt Mujavas Album in der südafrikanischen Musikpresse grauenhaft schlechte Kritiken ein: "schlampig", "unfertig", "sauhässliches Cover" lauten die Vorwürfe, die Mujava hinnehmen muss. Gute Werbung für seine Tracks geht anders, doch auch in Südafrika funktioniert das Word of Mouth als Marketingstrategie zuverlässig: Begeisterte Taxifahrer in Pretoria geben dem DJ das Airplay, das ihm die Radiostationen verwehren und fungieren teilweise als rollende Direktverkäufer des Albums.

"Unsere Taxifahrer bieten wegen den eingebauten, mächtigen Bassboxen den besten Sound. Im Radio wurde meine Musik kaum gespielt, also lief das eher über Taxen."

Mitunter hilflos versucht die westliche Presse anhand wurstiger Genreschmelzungen zu beschreiben, was sie da hört: Dubstep Hop? Kwaito Dub? Techhouse-Synthiedance? Electric Boogie? Afro-House? Ist doch wurst. "Township Funk" ist ein Killer und Mujava womöglich die talentierte, coole Sau mit dem intuitiven Gespür für Tanzmusik, die Warp Records in ihm sieht. Mehr als genug für ein Leben.

Alben

Surftipps

  • Video zu "Township Funk"

    Mujava als Penner und die abgefahrensten Tanzmoves seit dem Moonwalk.

    http://www.youtube.com/watch?v=0l5-zQlgoEE
  • Music Industry Online

    Die vernichtende südafrikanische Kritik zu Mujavas Album.

    http://www.mio.co.za/article.php?cat=&id=633
  • Einmal Black Atlantic und zurück

    Schöner Artikel über das Phänomen Mujava in der Spex.

    http://www.spex.de/t1/468/artikel.html

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