laut.de-Kritik

Selbst-Cancelling durch Wackness.

Review von

DaBaby schrieb seit 2021 eine Absturzgeschichte sondergleichen: Kurz sah es so aus, als könnte er so etwas wie der Ludacris seiner Generation werden, dann hielt er auf dem Rolling Loud einen homophoben Vortrag und war plötzlich von der Bildfläche verschwunden. Ist das nun ein Beispiel für außer Kontrolle geratene Cancel Culture? Sein ein Jahr später halbgar nachgereichtes neues Album "Baby On Baby 2" beweist nur eines: Auch sein kommerzielles Scheitern war nur eine Frage der Zeit. Neue musikalische Ideen fehlten ihm seit seinem Durchbruch, aber nun mit dem Rücken zur Wand stehend und ohne industrielle Produktions-Schützenhilfe enthüllt er sich als kreative Nullnummer.

Was ihn auf Songs wie "Suge" oder "Bop" zu großem Erfolg verholfen hat, war die Tatsache, dass seine Musik durch die Bank Spaß gemacht hat. Der Mann ist energetisch, hatte offensichtlich auch immer viel Herz für seine Musik. Auch wenn die Beats manchmal etwas Low Budget geklungen haben, merkte man doch, dass seine frühen Hits locker aus dem Handgelenk geschossen waren. Es war erfrischend, diesen handwerklich sehr soliden Punchliner in der Szene zu wissen.

Das Problem ist auf "Baby On Baby 2" auch nicht, dass er immer noch die gleiche Formel für seine Songs verwendet, sondern dass er die nicht mehr korrekt ausgespielt bekommt. Die Songs klingen halbfertig, lieblos und billig zusammengeschustert, schlimmer: Sie klingen meistens verdammt bitter. Es braucht nicht lange, bis er sein vermeintliches Cancelling anspricht. Und wie macht er das auf "Boogeyman"? "I was at Rolling Loud, shuttin' down a whole damn show, tried to make me have a problem with gays / Mixed up my words, made a nigga lose a whole thirty million, now, I'm back. Äh, aha?

Irgendwie doof, wenn man aus diesen Lines nicht einmal herauslesen kann, was er nun darüber denkt. Ist er homophob, ist er nicht homophob? Er sagt nein, irgendwie, aber erklärt auch nicht, wie man seinen Rant sonst verstehen solle. Im Grunde ist es ihm scheißegal und hängen geblieben ist nur, dass er deswegen eine Menge Kohle verloren hat. So fühlt sich dieses halbgar-unehrliche Herausreden sogar irgendwie noch dümmer an als ein homophobes Nachtreten. Auf "Boogeyman" traut er sich nicht einmal, etwas wirklich Provokantes zu sagen. Da inszeniert er sich als bitterbösen Grinch und Boogeyman und das Gossip-Herz bekommt selbstgerechtes Opfergehabe, sich selbst so reflektierend wie ein Vampir.

Auf der einzig diskutierten Line des Albums beteuert er, mit Megan Thee Stallion geschlafen zu haben. Und selbst, wenn man das theoretisch irgendwie provokant findet, formuliert er dies so salopp und belanglos, dass man nicht mal groß wütend darüber wird. Es liest sich eher bemitleidenswert, wie verzweifelt er sich an den Arsch seiner ihm inzwischen völlig entwachsenen Kollegin klammern muss, um auf seine Musik aufmerksam zu machen. Er ist noch tiefer in seine Karriere gesunken als damals, als er vor seinem ersten Hit in Windeln auf einem Festival gerappt hat.

"Boogeyman" ist schweinelangweilig und man horcht nur auf, wenn DaBaby entweder auffällig beschissen singt oder seine Sounds sehr schlecht abmischt. Wenn er dann auf "No Condom" meint, er müsse auch melodischen Autotune-Trap machen, grenzt das fast ans freiwillig Komische. Den Rest der Zeit rappt DaBaby auf die eigenen Type-Beats, als hätte er höchstens fünf Tage gehabt, alles zusammen zu bauen. Für einen Typen, der bis dahin vor allem auf Charisma funktioniert hat, wirkt er hier vor allem unkonkret angepisst, genervt und freudlos, wie ein durch und durch unangenehmer Typ.

Die nackte Aggression auf dem Schlusstrack "Don't Let Em Lie" ist der einzige authentisch emotionale Moment auf dem Album und wäre wahrscheinlich ein besserer Ausbruch aus seinem jetzigen Zustand gewesen. Ob Cancelling oder nicht, dieses Album beweist, dass es für eine längere Karriere auf dem ganz hohen Level fundamental an Talent fehlt.

Trackliste

  1. 1. Go Again - Intro
  2. 2. Drop Dat Diss
  3. 3. Boogeyman
  4. 4. Socks
  5. 5. No Condom
  6. 6. Summa Dat
  7. 7. Still
  8. 8. Act That Hard
  9. 9. Keep It Cute
  10. 10. One Man Army
  11. 11. Call Of Duty
  12. 12. That's Why I Creep
  13. 13. Blank (feat. Anthony Hamilton)
  14. 14. Don't Let Em Lie

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