laut.de-Biographie
Dan Reed Network
Dan Reed Network? Nie gehört? Kein Wunder. Die Band, die in der zweiten Hälfte der Achtziger zum ersten Mal ins Rampenlicht tritt, setzt sich mit íhrem Sound konsequent zwischen alle Stühle. Es wundert nicht wirklich, dass ihnen trotz eines Majordeals nie der Durchbruch gelang. Die Promoabteilung ihrer Plattenfirma hatte einfach keinen Plan, wie und bei welcher Klientel sie das Quintett unterbringen sollte.
Das lag zu einem großen Teil an der verqueren Mischung des Dan Reed Network-Sounds. Zu funkig für den Hardrock, zu hart für Funk, zu poppig für beide genannten fristet die Band zeit ihres Bestehens ein Nischendasein. Zwar fahren die Amerikaner in England Achtungserfolge ein, aber mehr auch nicht.
Den Nukleus des Networks bilden die beiden Dans der Gruppe, nämlich Dan Reed und Daniel Pred (Schlagzeug). Die beiden lernen sich 1979 in Süd Dakota auf der Highschool kennen, stammen aber beide aus Portland im Staate Oregon. Dort gründen sie zusammen die Band Nightwing. 1981 zieht Reed zurück nach Portland und schließt sich einer Formation namens Nimble Darts an, Pred folgt ihm 1984 zurück in die Heimat.
Dort bringen sie das Dan Reed Network mit Brion James (Gitarre), Melvin Brannon II (Bass) und Jeff Siri (Keyboard) an den Start. Nur kurze Zeit später ersetzt Rick DiGiallonardo Siri an den Keys. In dieser Formation spielen sie die eigenfinanzierte EP "Breathless" ein. Im Sound noch sehr in Wavigen Synthie-Gefilden verhaftet, landen sie mit dem Song "Steal Me" einen lokalen Hit in Oregon. Nach dem Release ersetzt Blake Sakamoto DiGiarllonado am Keyboard.
Zu dieser Zeit sind sie in Oregon schon eine relativ bekannte Nummer, da sie mit explosiven Live-Shows auf sich aufmerksam machen. Fast folgerichtig treten die ersten Labels auf den Plan, die den Fünfer unter die Fittiche nehmen möchten. Polygram macht das Rennen. Die schicken die Band mit dem Produzenten Bruce Fairbain (Bon Jovi, Aerosmith) ins Studio, wo das selbstbetitelte Debüt entsteht. "Ritual" landet als Single in den Top 40 und läuft auf MTV auf Rotation.
Das Cover, auf dem schwarze und weiße Bandmitglieder sich mit den Armen unterhaken, steht mit seiner Symbolik stellvertretend für die Philosophie des Networks. Zwei schwarze, ein Asiat, ein Indianischstämmiger und ein Weißer musizieren in einer kleinen Idealvorstellung der realen Welt in Harmonie nebeneinander. Diese Haltung spiegelt sich auch in den Texten wider, in denen Reed und Co. Ungerechtigkeiten und Missstände anprangern.
Trotz Kritikerlobs kommt DRN bei der breiten Masse nicht wirklich an, was sicher auch an der lausigen Promo liegt, die Polygram (nicht) leistet, denn die sind im Rockbereich vornehmlich damit beschäftigt, Def Leppards "Hysteria" zu pushen. Ironischerweise supporten DNR die tauben Leoparden auf deren Tour und kommen sogar später beim selben Management unter. Immerhin verschafft man dort der Band einen Support-Slot bei Bon Jovi und schließlich sogar bei den Rolling Stones.
Das 1989 erscheinende "Slam" sollte eigentlich den Durchbruch markieren. Eingängiges Songwriting mit markanten Funk-Grooves, knackige Gitarren und poppige Hooks kennzeichnen die Steigerung im Vergleich zum Vorgänger. Als Produzent fungiert Nile Rodgers, der dem Album eine wesentlich peppigere Färbung verleiht als Fairbain. Ein ordentlicher Bass-Wumms garniert den Sound, der wesentlich näher am Live-Klang des Networks dran ist als noch die synthielastige Vergangenheit. Justament als es daran geht, ein Video zum Song "Rainbow Child" abzudrehen, beschließt Dan Reed urplötzlich, kein Sexsymbol mehr sein zu wollen und rasiert sich kurzerhand seine wallende Mähne ab. Aber auch "Slam" verfehlt die kommerziellen Erwartungen.
Dem 1991 erscheinenden "The Heat" ergeht es in dieser Hinsicht besser. Zwar chartet auch dieses Album nicht in den USA, verbucht aber in Großbritannien einen Achtungserfolg, wo DRN in die Top 20 klettern. Diese späte Genugtuung bedeutet jedoch nicht viel mehr als das berühmte Pfeifen im Walde. Zwar erregen sie mit einem Cover von Pink Floyds "Money" (im 4/4-Takt) Aufmerksamkeit. Auch ein Dan Reed-Interview mit dem Dalai Lama für das Spin-Magazin setzen den Frontmann öffentlichkeitswirksam in Szene, aber das wars dann auch mit dem Dan Reed Network.
Die Band löst sich zwar nicht offiziell auf, ihre Mitglieder gehen aber getrennte Wege. Alle bleiben mehr oder weniger der Musik erhalten. Brion James und Melvin Brannon touren unter anderem mit Edgar Winter, Daniel Pred und Blake Sakamoto spielen zusammen bei Generator und Slowrush, während Dan Reed durch die Welt reist, um selbige zu retten.
Aber halt! So ganz zuende erzählt scheint die Geschichte dann doch nicht zu sein. Am Silvesterabend des Jahres 2012 steht DRN zum ersten Mal seit 1993 wieder zusammen auf der Bühne. Dem als One Off-Gig geplante Auftritt zum 25-jährigen Jubiläum der Band folgen in den kommnden Jahren jedoch weitere Dates. 2015 dringt die Kunde in die Welt, mit der kaum jemand gerechnet hat: Dan Reed Network arbeiten tatsächlich an neuem Material. Blake Sakamoto nimmt jedoch seinen Hut und wird von Rob Daiker ersetzt, der schon in Dan Reeds Solo-Band die Tasten bedient.
Im Juni 2016 steht dann schließlich das offizielle vierte Studio-Album in den Läden. Titel: "Fight Another Day". Es folgen die Retro-Compilation "Origins" und 2022 die LP "Let's Hear It For The King". Zum Album findet am Sommeranfang, 21. Juni, ein Release-Konzert in Hamburg statt. Begleitend plant die Band einen Dokumentarfilm.
4 Kommentare
Das Debut-Album von 1988 gehört für mich definitiv zu den besten Alben aller Zeiten.
In der Hitliste der besten verkannten Bands auf Platz zwei kurz hinter The Fixx
Habe nie verstanden warum Dan Reed Network nicht mehr Erfolg hatten.
Das Konzert am 03. Dezember 2019 in Hamburg war DER Hammer. Die Jungs spielten nur Material von ihren ersten 2 Scheiben und präsentierten sich dabei so energiegeladen und frisch, als wären sie die letzten 30 Jahre um keine Sekunde gealtert. Der Sound war erstklassig, mit dem Publikum wurde interagiert und untereinander war man für jeden Spaß zu haben. Hinterher standen alle ganz entspannt im Publikum und haben sich geduldig und sympathisch Fragen und Kameras zur Verfügung gestellt. Für mich war das gestern nicht nur eine Zeitreise, sondern sogar das beste Konzert 2019!