laut.de-Kritik
Bisher beste Soloscheibe des Talking Head-Sängers.
Review von Joachim GaugerDass sich David Byrnes Kompositionstechnik grundsätzlich gewandelt habe, konnte man zuletzt überall lesen, und dass die Melodie nun viel weiter im Vordergrund stehe. Und tatsächlich: irgendwas ist anders, das hört man schon dem Opener an.
"Glass, Concrete & Stone" beginnt zwar mit Bongo- und Xylophonklängen recht typisch, um dann aber bald in eine Gefühlsseligkeit abzudriften, die man vom ehemaligen Talking Heads-Fronter bislang so nicht kannte. Ein allein dramaturgisch motiviertes Intermezzo von wenigen Sekunden Dauer klingt, als wolle er wenigstens einmal ganz kurz alle Professionalität ablegen und sich ganz verletzlich zeigen. Und auch gesanglich geht Byrne hier weitere Wege und ein größeres Risiko ein.
Stücke wie das Lambchop-Cover "The Man Who Loved Beer", "She Only Sleeps" oder "Why" bestätigt den ersten Eindruck: immer noch spielt David Byrne gerne das alte Dur/Moll-Spiel, doch die harmonische Struktur scheint neben der Erzählung zu Nebensache geworden zu sein.
Dabei gelingen ihm einige überaus leichte und luftige Popsongs - mit der formalen Strenge hat Byrne auch jegliche Verkrampftheit über Bord geworfen. Zumindest anfangs könnte man "The Other Side Of This Life" glatt für einen Track der französischen Zauber-Arrangeure von Air halten - wäre das nicht die unverkennbare Stimme Byrnes, die den Song mit den Worten eröffnet: "I don't have any more problems ..."
Mit "Au Fond Du Temple Saint" von George Bizet und "Un Di Felice, Eterea" von Guiseppe Verdi hat Byrne auch zwei waschechte Klassiker im Programm, was natürlich eine riskante Sache ist. Die stimmlichen Grenzen Byrnes sind in diesen Stücken zwar deutlich zu hören, dafür treibt er seine Instrumentalisten hier zu einer Inbrunst an, die sonst im klassischen Genre selten zu hören ist.
Wider Erwarten fallen die den Klassikern jeweils folgenden Tracks nicht ab. "Empire" mit der grandiosen Carla Bley Band und der ausufernde Elektro-Experimental-Track "Lazy" sind aber auch zwei wahre Monstersongs, die Byrnes bisher bestem Soloalbum die Krone aufsetzen.
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