laut.de-Kritik
Auf einer Stufe mit Tori Amos.
Review von Kai ButterweckSeit knapp sechs Jahren verzaubert Cherilyn MacNeil Freunde harmoniegeschwängerter Moll-Klänge auf der ganzen Welt. Dass das zumeist reduzierte Kammer-Pop-Schaffen der Südafrikanerin auch wunderbar mit der pompösen Energie eines kompletten Orchesters in Einklang zu bringen ist, beweist ihr erstes Live-Album. Mit Hilfe des Babelsberger Filmorchesters unter der Leitung von Bernd Wefelmayer hievt die scheue Bardin ein aufwühlendes Potpourri ihres bisherigen Schaffens in musikalische Sphären fernab von aufgesetztem Glitzer und Glamour.
Schon das erste Aufeinandertreffen der beiden vermeintlich musikalischen Gegenpole während des Openers "Man Of The Book" versetzt den Hörer in einen wohligen Trance-Zustand. Trotz der leicht apokalyptischen Tendenzen in der Songmitte fühlen sich die Gehörgänge wie in Watte eingehüllt.
Zwischen laut und leise kreiert sie Dynamiken, die jeden einzelnen der zwölf Songs zu etwas Besonderem machen. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich die Beteiligten durch verschrobene Rhythmen kämpfen ("Took Them Away"), sich in dramatischem Tiefgang betten ("From Now On")oder beschwingten 007-Pfaden folgen ("Dearheart"). Die Melange aus flächendeckendem Tamtam und spartanischen Momenten hinterlässt im Verbund mit MacNeils bezirzendem Organ große Spuren.
Kein Wunder, dass die Musikerin kurz nach den Aufnahmen selbst aus dem Schwärmen nicht mehr heraus kam. Am liebsten würde sie fortan nur noch mit einem Orchester auftreten, ließ sie wissen. Es wäre tatsächlich ein Hochgenuss, dieser Kombination auf Dauer lauschen zu dürfen, denn Hand in Hand mit wahlweise pompösen ("Whale") oder lieblichen ("Great White Bear") Background-Arrangements, wird aus dem zarten und liebevoll herangezüchteten Bündel Dear Reader-Wurzeln ein in leuchtendem Grün erstrahlender musikalischer Mammutbaum.
Genau wie Tori Amos, die im vergangenen Jahr mit "Gold Dust" ein ähnlich intensives Klassik-meets-Pop-Schaffen ins Rennen warf, gelingt es auch Cherilyn MacNeil, ihrem Fundament mit Hilfe eines Orchesters zu einer Extra-Portion Glanz zu verhelfen.
2 Kommentare
Ich war zuerst enttäuscht, als ich gemerkt habe, dass es bloß ein Live-Album ist. Aber es ist doch ganz schön geworden, ja.
Wegen dem neuen Orchester-Anstrich lohnt es sich auch wirklich, ein Ohr zu riskieren.
Hab die letztes Jahr live gesehen und war echt angetan. Cherilyn ist Musikerin mit Leib und Seele und man kann das in jeder Sekudne hören.