laut.de-Kritik
Ein emotionaler Trip zwischen Horror und Musical.
Review von Gregory BritschDie zwei sehen ein wenig aus wie auf irgendwelchen Stimulanzien hängen gebliebene Blumenkinder. Zumindest auf den Pressefotos auf ihrer Homepage. Delia Gonzalez und Gavin Russom kommen aus New York City und sind, wie so manch anderer Musiker aus den Staaten, mittlerweile in Berlin, im Herzen des alten Europa, zuhause. Seit ihr Label DFA Records eine Ehe mit der EMI eingegangen ist, scheint der Output an hörenswerten Alben richtig in die Gänge zu kommen. Nach The Juan Maclean und Black Dice nun also jenes von Delia Gonzalez und Gavin Russom. Wie ihre Labelkollegen von BD steht auch das Duo für einen Musikstil, der als exkursive Soundforschung beschreibbar ist. Doch das war's dann auch schon mit der Gemeinsamkeit.
"The Days Of Mars" enthält lediglich vier Tracks, von denen indes keiner kürzer als elf Minuten läuft. In dieser Zeitspanne entfalten sie ein beeindruckendes Momentum an Kraft und Energie. Repetitiv, in scheinbar endlosen Schleifen dahin gleitend, nehmen sie einen mit auf ausgedehnte Reisen durch den Raum, frei nach dem Motto, lass dich inspirieren und erweitere den Horizont.
Mit einem 54-minütigen emotionalen Trip, der mittels 70er-Elektronik, kosmischem Krautrock, cineastischen Soundtracks zwischen Horror und Musical sowie Disco-Zitaten eine eigenwillige wie faszinierende Wirkung entfaltet. Künstliche Soundlandschaften spiegeln dabei Zustände wieder, die zwischen Hypnose und Psychedelik, Apokalypse und Vision oszillieren. So bekloppt das auch klingen mag. Manchmal kommt man sich vor wie in einem (Alp-)Traum – wenn man es nicht besser wüsste.
"The Days Of Mars" ist eine Platte, auf der es allerhand zu entdecken gilt. Denn nahezu immerfort fluten, wabern und wirbeln vielerlei Klänge und Geräusche umher, Arpeggios flirren auf und ab. Und Lärmpegel fluktuieren. Unzählige übereinander geschichtete Tonspuren ermöglichen ein analoges Morphen. Entstanden bei Live-Aufnahmen, bei denen sie Synthesizer einsetzten, von denen manche speziell für diese Art von Musik entwickelt und gebaut wurden.
Du suchst Beats? Fehlanzeige. Wozu auch. Das Duo baut sich eine sprichwörtliche Wall of Sound, charakterisiert durch ein multidimensionales Wummern und Dröhnen, die sich ohnehin ihren Weg bahnt und zugleich höchste Aufmerksamkeit von der Hörerschaft einfordert. Es lohnt sich, keine Frage.
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