laut.de-Kritik

Hymnischer Indie ehelicht Rave.

Review von

Kaum den Weihnachtsbraten verdaut, schon wird die Presse hibbelig und prophezeit angesichts des Debüts drei junger Mancunians den ganz großen Wurf im jungen Jahr.

Delphic legen mit ihrem in Berlin eingespielten Erstwerk tatsächlich ein ordentliches Album vor, dem selbstverständlich das omnipräsente Erbe New Orders am Fuß klebt. Die Aufgabe, die Delphic sich gestellt haben, lautet: Verheirate hymnischen Indie mit Rave und bügele es so lange, bis es jedem gefällt.

Formfehler kann man der Band tatsächlich nicht vorwerfen: Irgendwo zwischen Depeche Mode und Friendly Fires beginnen die Stücke zunächst treibend, um dann spätestens mit Einsetzen des Gesangs in butterweichen Pop zu verfallen, der sich auf riesige Synthieflächen fläzt und vom Drumcomputer durchgerüttelt wird. Es sind simple, gute Ohrwurmmelodien, leicht melancholisch zwischen flirrenden Keyboards wie direkt fürs Radio vorgetragen.

Auf der Single "Counterpoint" dominiert der Rhythmus mit Underworld-Anleihen, dazu ein sofort eingängiger Gesang, glitzernde Synthies und stilvoll eingestreute Gitarrenanschläge, und der Indiediscogänger ist glücklich.

Da das Album am Laptop komponiert und vom Remixer Ewan Pearson (Chemical Brothers, The Rapture) produziert wurde, halten sich Gitarren über weite Strecken eher zurück. Wenn Delphic sie doch einsetzen, erkennt man sie nicht immer auf Anhieb als solche.

Mit dem immer wieder herausgehörten Reminiszenzen an den Balearen-House ("Remain") entsteht im Zusammenspiel mit einer gewissen höflichen Zurückhaltung eigentlich eine poppige Trance-Platte, die aber von den übersichtlichen Songstrukturen unterteilt wird.

Ein Album also, das sich an Nostalgie verschiedenster Epochen bedient – die kraftlosen Chöre der 80er, die reservierte Melancholie der Pet Shop Boys, das Repetetive im Rave und die Flächen des Trance als Verbeugung vor dem Erbe ihrer Heimatstadt.

Heraus kommt ein eigenständiger neuer Ansatz, der live sicherlich noch einmal ordentlich Boden gut macht, wenn das Album wie ein DJ-Set präsentiert wird. Revolutionär ist er allerdings keineswegs. Es bleibt eine gewisse schwachbrüstig vorgetragene Gefallsucht, die schnell nervt.

Insbesondere, wenn James Cook in bester Radio-Belanglosigkeit Refrains singt, für die sich selbst Wham! schämen würden, wünscht sich der Hörer mehr Biss, mehr Bass, einen Ausschlag in irgendeine Richtung. Das gefällt dann vielleicht nicht jedem, bleibt aber in Erinnerung.

Trackliste

  1. 1. Clarion Call
  2. 2. Doubt
  3. 3. This Momentary
  4. 4. Red Lights
  5. 5. Acolyte
  6. 6. Halcyon
  7. 7. Submission
  8. 8. Counterpoint
  9. 9. Ephemera
  10. 10. Remain

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