laut.de-Kritik

Die Kraft, aus der Traurigkeit etwas Schönes entstehen zu lassen.

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Hinter dem Künstlernamen Der Assistent und dem gleichnamigen Debüt steckt der Musiker Tom Hessler, bekannt als Sänger, Gitarrist und Songschreiber der Gruppe Fotos aus Hamburg. Mit Auf zur Illumination! erschuf Hessler bereits 2021 berauschende Sound-Sphären im Solomodus.

Popmelodien sind sein Leben, und diese vermischt er auf "Der Assistent" mit allerlei Soundliebeleien. Die acht Songs strahlen eine Ruhe aus, die sofort ansteckt wie ein Rausch aus Melancholie und schwebenden Gedanken. Angenehm auch, dass die einzelnen Stücke nicht endlos in die Länge gezogen werden, sondern kurz und bündig glücklich machen.

Eine gewisse Traurigkeit schwingt bei der Platte mit. Inmitten einer trostlosen Pandemie muss Tom auch noch das Ende einer langjährigen Beziehung verarbeiten. Umso mehr versinkt er in seiner Arbeit und beschäftigt sich intensiv mit der Komposition. Die Isolation verstärkt die Einsamkeit, aber auch den Willen, die Platte nicht zu traurig klingen zu lassen. Gefühlvoll, ja, leidend, nein. Eher die Kraft aus der Traurigkeit etwas Schönes entstehen zu lassen.

Zwischen Lo-Fi Pop, Trauer-Modus und Dub-Inspirationen (u.a. des jamaikanischen Reggae-Toningenieurs King Tubby) landen wir bei "W". Einer der persönlichsten Songs auf dieser Platte und nach Blumfelds "Neuer Morgen" die neue Lebenshymne auf dem Plattenteller: "Ich war nicht gut zu mir. Ich tat mir selber weh." Dafür benutzt Tom diverse Instrumente, u.a. eine einfache CR-78 Drum Machine von Roland. Orgelsound, Bläser und Gitarren-Solis, die aber auch aus einem Keyboard kommen könnten. Die Message bringt der Songschreiber mit nur wenigen Textzeilen rüber. Es sollte mehr über Gefühle gesprochen werden. Innerhalb und auch außerhalb von Beziehungen. Und man sollte mehr auf die eigenen Bedürfnisse achten.

Bei "Schwalben" zieht man förmlich mit den Vögeln ihre Kreise und schwingt leise das Tanzbein. Aber eigentlich liegt man lieber nur still da und starrt in den blauen Himmel. Eine wunderbare Klangdimension, die den ganzen Körper auf Entspannung bringt. Entschleunigen, so heißt das heute und das klappt auch wunderbar mit dem Opener "Signale". Eine Botschaft die Trost schafft oder auch rauschende Melodien, die Balsam für die Seele sind ("Das Objekt"). Ja, manchmal darf es auch etwas pathetisch sein. Um das Gefühl noch etwas auszuschmücken, kann man sich diese Platte auch sehr gut als Soundtrack für eine mystische Spielfilmserie am karibischen Meer aus den 1970er Jahren vorstellen.

Die Zweisamkeit taucht immer wieder auf und ist auch die Spielregel in "Domino". Ein angehauchte NDW-Pop-Hit-Nummer, die unbedingt ins Radio gehört. Musikalisch inspiriert durch Komponisten und Musiker, wie John Carroll Kirby und Timmy Thomas. Bass-Vibe und Kopfnicker-Gesten, die auch ohne fetten Joint funktionieren.

Die Keyboards passen sowohl in die Vergangenheit als auch in die heutige Zeit. Mit der "Titelmelodie" geht man instrumental auf Reisen und beamt sich komplett in vergangene Zeiten. "Mann Ohne Vergangenheit" löst wieder eine gewisse Traurigkeit aus, aber man landet schnell im "Süßen Leben" und lässt sich vom Meeresrauschen beruhigen. Der Assistent ist ein guter Begleiter in schlechten Zeiten und sorgt immer wieder für aufmunternde Momente. Danke!

Trackliste

  1. 1. Signale
  2. 2. Domino
  3. 3. Das Objekt
  4. 4. Schwalben
  5. 5. W
  6. 6. Titelmelodie
  7. 7. Mann Ohne Vergangenheit
  8. 8. Das Süße Leben

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