laut.de-Kritik

Was ist dieser W nur? Blender oder Symbolfigur?

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Die Messlatte liegt hoch: Nachdem Kollege Edele das Erstlingswerk vom W bejubelte, erwarte ich nun mit "Autonomie!" die volle Dröhnung aus der Weidnerschen Aphorismen- und Sonette-Fabrik. "You get what you want" ist in diesem Falle keine bloße Floskel, sondern bestmögliche Dienstleistung am Kunden. Denn am Ende der Straße wartet eine Kreuzung in sämtliche Genre-Landschaften.

Experimentelle Synthie-Elektro-Rock-Songs, brachiale Metal-Tracks, balladeske Jazzballaden, Swing-& Bluesgeschichten oder typische Rock-Geschosse - für die 17 W-Ergüsse auf "Autonomie!" braucht der erstaunte Hörer erst mal einen Lageplan zur Orientierung. Doch wer hat gesagt, dass der Weg ins Paradies immer so einfach ist?

"Ode An Die Zeit" läutet als Instrumental mit verzerrten Gitarrenriffs und tickender Kuckucksuhr im Hintergrund den Opener "Nein, Nein, Nein" ein. Die W-Band mit Gitarrist Dirk Czuya, Bassist Henning Menke (Jingo De Lunch) und Trommler JC Dwyer (Ex-Pro Pain) markiert ihr Revier mit einem rauen, modernen Rock'n'Roll-Drängler, der eine gelungene Alternative zu den leider aufgelösten Gluecifer oder Hellacopters bietet.

Stephan Weidner lädt auch auf "Autonomie!" wieder beachtliche Gäste. Schweden-Bomber Mikkey Dee bedient die Schießbude im rockenden "Machsmaulauf!". Weibliche Unterstützung holte sich der Ex-Onkel vom noch unbeschriebenen Blatt Yen (YEN). Mit ihrer rauchig und doch zarten Stimme verleiht sie mitunter der jazzigen Piano-Ballade "Sterne" wärmende Backgrounds. Lediglich Weidner selbst übertrumpft das noch mit einer ungewöhnlich sanften Stimmlage und metaphorischer Gedichtsmalerei.

Eine weitere musikalische Sternstunde versteckt sich in "Schlag Mich (Bis Ich Es Versteh')", das schon mit seinem eineinhalbminütigen Akustik-Intro sanftmütig die Ohren küsst. Wiegendes Saitenstreicheln flackert anfänglich in der dunklen Atmosphäre, bevor der Track sich zu einer leicht groovigen Nummer wandelt, um sich letztendlich mit skurrilen hawaiianischen Klängen zu verabschieden. Der W schlüpft stimmlich in die Rolle Cashs und nutzt die Möglichkeit des erzählerischen Gesangs, um sich über Kindheitstraumen auszulassen. "Hab es seit Jahren unter Traurigkeit begraben/Gebäude an Gedanken auf schmalem Fundament/ein Krieg gegen den Geist/ meine Seele brennt."

Dass "Autonomie!" einen breiten musikalischen Horizont bietet, zeigen auch Tracks wie "Mamas kleines Monster" und "Urlaub mit Stalin". Ersterer, der sofort eine Social Distortion-Hommage vermuten lässt, weist anfängliche Parallelen zum bekannten "Did My Time" (Korn) auf.

Hinter "Urlaub mit Stalin" verbirgt sich kein ketzerischer Politsong, sondern ein persönliches Liebesdrama aus dem Hause Weidner. Aufgebaut auf punkigem Fundament mit stützenden Reggae-Säulen erinnert der Chorus ein wenig an Slipknots "Dead Memories". Doch all das stört nicht, sondern nährt eher die Vielseitigkeit des Silberlings.

Vollends umgarnt der Frankfurter mit dem letzten Track "Der Hafen", in dem er sich der Vorstellung möglichst zufrieden zu sterben widmet. Scheu schleichen sich trauernde Mariachis mit ihren Instrumenten in das balladeske Stück, textlich kristallisiert sich der Track zu einem ganz großen Highlight, selten erlebte man den W so nachdenklich. "Zwischen Sein und Bewusstsein vom Kummer beschlagen/ nur fragiles Glas/ Bedenken und Fragen."

Mit "Autonomie!" manövriert sich Weidner in keine Sackgasse, sondern hinterlässt offensichtliche Fußspuren auf dem Pfad des musikalischen Seins. Was man davon halten mag, überlässt er wie immer den anderen. "Was bin ich nur? Blender oder Symbolfigur? Wen interessiert's? Macht was ihr wollt aus mir!"

Trackliste

  1. 1. Ode An Die Zeit
  2. 2. Nein, Nein, Nein
  3. 3. Mamas Kleines Monster
  4. 4. Autonomie Des ICHs
  5. 5. Urlaub Mit Stalin
  6. 6. Fleisch
  7. 7. Schlag Mich (Bis Ich Es Versteh')
  8. 8. Machsmaulauf
  9. 9. Niemand Hier
  10. 10. Sekte Oder Selters
  11. 11. Kleine Weiße Lügen
  12. 12. Furor
  13. 13. Ode An Den Raum
  14. 14. Sterne
  15. 15. Lei(d)figuren
  16. 16. Ihr Habt Recht
  17. 17. Der Hafen

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47 Kommentare

  • Vor 14 Jahren

    Hätte die Onkelz nie erwähnt wenn hier nicht wieder so`ne Grütze von sich gegeben würde!
    Die neue Weidner ist total abwechslungsreich und vielschichtig,bestimmt nix für Prolls und den "braune Brut" Dreck kann ich echt nicht mehr hören,lesen oder sonst was!!!

  • Vor 14 Jahren

    @ludo100 (« so, wie sich das hier liest, war sarah nina mal onkelz-groupie.
    WARUM lasst ihr so jemanden, der eindeutig einen hang zu proll-musik hat und keinen reflektierten musikgeschmack besitzt, cds kritisieren?
    laut.de wird immer übler. mit solch einer redakteurin habt ihr euch keinen gefallen getan. mich ärgert dieses gesülze von sarah nina regelrecht! »):

    schön das es mal einer sagt.... 100 Punkte

  • Vor 13 Jahren

    warum sich so viele ueber die einbildung, arroganz usw. von stephan aufregen ? kollegas mehr als peinliche selbstinszenierung regt doch auch fast niemanden auf ?! der gibt auch nur humbug von sich. schon allein die verstellte stimme bei interviews. jesus maria...mist jetzt habe ich wieder die onkelz/der W diskusion ausgeloest :D