laut.de-Kritik

Macht nicht meines Vaters Haus zum Kaufhause!

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"Jesus zog hinauf gen Jerusalem. Und er fand im Tempel sitzen, die da Ochsen, Schafe und Tauben feil hatten, und die Wechsler. Und er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle zum Tempel hinaus samt den Schafen und Ochsen und verschüttete den Wechslern das Geld und stieß die Tische um und sprach zu denen, die die Tauben feil hatten: Tragt das von dannen und macht nicht meines Vaters Haus zum Kaufhause!"

So berichtet der Evangelist Johannes. Die Schafe, Ochsen und Tauben der Gegenwart stehen in Form von CDs zum Verkauf. Der Nazarener scheint dieser Tage jedoch besseres zu tun zu haben, als ekelerregendem Ausverkauf in seinem Namen einen Riegel vorzuschieben.

"Kann Popmusik – von Priestern gesungen – Gottvertrauen vermitteln?" Diese Frage springt einen von der Homepage der Priester aus an. "Rex Gloriae" wirft eher die Gegenfrage auf: "Kann Gottvertrauen diese Art von Popmusik überdauern?"

Dass es möglich und höchst begrüßenswert ist, die spirituelle Kraft sakraler Musik einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, hat die Vergangenheit längst gezeigt. Allerdings ist, um diese Kraft zu erhalten, zwingend notwendig, dem kirchlichen Liedgut wenigstens einen Rest seiner Würde zu lassen.

Diese Priester hier pfeifen drauf. So mutiert das Gut-Gemeinte ganz hurtig zum genauen Gegenteil von gut. Die durch und durch effektheischende Ver-Poppung der zwölf dargebotenen Nummern reißt klösterliche Traditionen zusammen mit der mönchischen Tugend der Bescheidenheit mit der Wurzel aus.

Mit dem ausgelutschtesten aller Psalmen eröffnen Die Priester ihr bereits zweites Album. Für die gesprochenen Passagen, derer "Rex Gloriae" mehrere birgt, engagierten sie den preisgekrönten Synchronsprecher Joachim Kerzel, unter anderem die deutsche Stimme von Jack Nicholson oder Anthony Hopkins. Das klingt professionell, man merkt aber gleichzeitig, dass der Mann genauso versiert Kinderhörspiele oder das Telefonbuch vortragen könnte. Inhalt: egal.

Die Priester selbst entpuppen sich nicht als die aller-stimmgewaltigsten Vertreter ihrer Zunft. Darauf käme es gar nicht an, versackte ihre vermutlich tatsächlich existente religiöse Inbrunst nicht vollständig in überfrachteten, sich links und rechts verzweifelnd anbiedernden Arrangements, die wie abgestandene, lauwarme Aufgüsse von "Conquest Of Paradise" klingen.

Bei der lieblos zusammengewürfelten Auswahl der Nummern fängt es an. Der Bestseller unter den Psalmen, ein bisschen Klassik, ein bisschen Kirchentag, Gottesdienst-Hits wie "Tochter Zion", dazwischen "Über Sieben Brücken Musst Du Gehn". Zusammenhang? Wozu? Wen der Herr leitet, der braucht wohl keinen roten Faden, um sich daran entlang zu hangeln.

Auf Andacht und Stille kann man offenbar ebenfalls verzichten: "Ave Maris Stella" steht exemplarisch für das zweite große Problem dieser Platte. In den seltenen Augenblicken, in denen der Gesang für sich alleine stehen darf, schwingt sich die Seele tatsächlich gen Himmel auf.

Der Höhenflug endet jedoch regelmäßig abrupt, wenn bombastische Monnumental-Instrumentierung sensibel wie Dschingis Khans Reiterhorden über den Altarraum hereinbricht. Haudrauf-Rührtrommeln, Pauken und schmalzige Streicher machen jede innere Einkehr zunichte. Man fühlt sich wahlweise in den Vorspann eines Sandalenfilm-Blockbusters oder den einer Rosamunde Pilcher-Schmonzette katapultiert.

Der unermüdlich wiederkehrende Einsatz angestaubter Elektronik-Klänge soll vermutlich einen modernen Anstrich verleihen, wirkt aber, als versuchten sich Mittfünfziger im Gebrauch von Jugendsprache. Ebenfalls krampfhaft rockig wirkt der Beitrag der singenden Flugbegleiterin in "Agnus Dei" - hat man Deborah Rosenkranz ihres Namens wegen ausgewählt? Ich weiß, wovon ich spreche.

"Wisse, welchen Frieden die Stille schenken mag." Oh, ja. Nachdem ich auch die Zugabe in Form einer lateinischen Fassung von "Möge Die Straße" überstanden habe, bin ich froh, keine christlichen Anwandlungen zu besitzen. Meine religiösen Gefühle wären ob des schamlosen Sellouts bis ins Mark verletzt. Dann doch lieber weiterhin Die Sekte.

Trackliste

  1. 1. Rex Gloriae - Neue Welt
  2. 2. Ave Maris Stella
  3. 3. Von Der Liebe
  4. 4. Möge Die Straße
  5. 5. Domine
  6. 6. Veni Redemptor Gentium
  7. 7. Tochter Zion
  8. 8. Adoro Te Devote
  9. 9. Über Sieben Brücken Musst Du Gehn
  10. 10. Agnus Dei
  11. 11. Licht Des Himmels
  12. 12. Irischer Segen
  13. 13. Teneat Nos

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