laut.de-Kritik
Ein postmodernes Vergnügen für die werktätige Indie-Familie.
Review von Juliette KaiserMit eigenem Minilabel und Aushilfsjobs im Call-Center sind die Berliner Inbegriff von Künstlerbohème mit Unterschichten-Etat. Kein Wunder, dass sie einiges zum Thema Arbeit zu sagen haben. Dabei bleiben sie parolenstark wie eh und je. Anders als etwa Von Spar, die ihr Publikum zuletzt mit einem Album ganz ohne Post-Punk-Agitpropgeschrei überrumpelten, bleiben Die Türen dem kritischen Wort treu.
Wer ihnen Böses wollte, könnte bei so viel Sendungsbewusstsein eine gewisse Überlegenheitspose vermuten - wäre da nicht die gute Portion Ironie. In "Der Blues Kommt Zurück In Die Stadt" zum Beispiel klärt die Band darüber auf, dass jetzt "uncool das neue cool" sei. Äh, ja.
"Popo" badet zuvorderst mal in einer Wanne aus Zitaten. Weisheiten von Die Ärzte treffen auf Die Goldenen Zitronen, und mit dem nächsten Song ruft man dann sogar Westernhagen auf den Plan. Dekonstruktion als Prinzip. Man muss sich diese Platte immer wieder anhören, um immer mehr Details rauszuhören. "Pause Machen Geht Nicht", kündigt bezeichnenderweise schon das erste Lied an.
Zu den textlichen Falltüren zum Thema Moderne Arbeitswelt gesellen sich Saxophonsoli. Denn nach dem Popalbum "Unterwegs Mit Mother Earth" versuchen sich die Herren jetzt an Soul und Blues-Brothers-Tum. "Popo" ist ein Cocktail aus Superpunk mit einem Schuss Seventies-Udo Lindenberg, als der noch die Weltspiegel- und Tatortmelodien eintrommelte.
Obendrauf gibt es Titel wie "Sei Schlau, Bleib Dumm", die wie ein Saalschutz-Hit klingen. Straffer Neunziger-Elektrobeat, Chorgesang und Synthie-Gequietsche, auf das man sich fragt, ist das noch Punk oder schon Trash? Doch dann tanzt das Bein und der Mund grinst. Denn bei aller Sozialkritik kommt der Spaß nie zu kurz. Ein Vergnügen für die ganze Indie-Familie.
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