laut.de-Kritik
Catchige Midtempo-Tracks mit gefühlvollem Melodic Rock.
Review von Stefan JohannesbergDokkens Ex-Klampfer George Lynch hat mit seinem Lynch Mob letzte Woche vorgelegt, nun zieht Don Dokken unter dem alten Bandnamen nach. Das Resultat des inoffiziellen und mittlerweile freundschaftlichen Battles ist ab dem Opener "Fugitive" eindeutig: Der Don findet die besseren Songs - und überrascht als 70-Jähriger gar mit einer Art Konzeptalbum. Die Story: Ein Mann aus Kalifornien ist auf der Suche nach sich selbst und findet auf seiner Reise durch die Wüste New Mexikos eine neue Heimat.
"I'm a fugitive from life / I've been running for too long / Can't you just leave me alone? / Let me die upon this throne" - im Refrain von "Fugitive" zweifelt der Mann noch, möchte eigentlich in Ruhe gelassen werden. Leicht und locker mit der richtigen, kleinen Note Highway-Melancholie rockt der Track straight nach vorne. Natürlich verliert Dons Stimme mit stolzen 70 Jahren an Höhe, Ausdruck und Kraft, doch er trifft weiterhin perfekt jene Töne, für die Dokken seit 1981 geliebt werden: Catchige Midtempo-Tracks, die weder die Gehörgänge verkleben, noch zu angestrengt hart rocken. Der neue Gitarrist Jon Levin (ex-Doro) spielt eine solide Rolle, lässt sein Instrument immer mal wieder aufheulen, besinnt sich aber ansonsten auf stabile Hintergrundarbeit.
Musikalisch ähnlich gut führt "Gypsy" den Ritt durch die Wüste des Lonesome Cowboys fort. Er ist verzweifelt und wird gar bei einer Wahrsagerin vorstellig. "Gypsy, won't you tell me what you know? / You know I've lost my way, got no place to go". Es folgt mit dem schwer stampfenden "Is It Me Or You" der schwächste Song des Albums.
Danach besinnen sich Dokken wieder auf die erwähnten Stärken. "Just Like A Rose" und "I Remember" gefallen mit gefühlvollen Melodic Rock, "I'll Never Give Up" ist die obligatorische Powerballade mit bekannten Harmonien, und "Saving Grace" lebt von Dokkens Verletzlichkeit: "Now there is only sorrow".
Bisher sieht es nicht gut aus für den Suchenden, doch dann geht "Over The Mountain" die Sonne auf. Angetrieben von einer hypnotischen Leadgitarre entwickelt sich der Track mit 70er Vibe im Refrain zum Hit des Albums - und zur Rettung des Suchenden: "So hard to climb but i find my way".
Eine Begegnung in den Bergen, als sein Auto bei einem Camping-Ausflug mitten in der Pampa verreckte und die DorfbewohnerInnen ihm helfen mussten, seinen Weg nach Hause zu finden, hat Dokken zu dem Album inspiriert. Sein Zuhause und sein Studio liegen seit Jahren bereits in "Santa Fe", nach dem der überraschende Abschlusssong benannt ist. Mit Akustikklampfe erzählt Don am Lagerfeuer die Geschichte des Mannes noch einmal nach und endet in der neuen Heimat.
Was fehlt dem Album nun zum ganz großen Wurf? George Lynchs bluesig-metallische Riffs. Es ist immer zum Haare raufen, dass MusikerInnen meist mehr Individualisten statt Teamplayer sind und ihre Ich-Bezogenheit die kreative Reibung der Gegensätze zu oft verhindert. Trotzdem: Genießen wir einfach die alten Helden, so lange wir noch können.
2 Kommentare
Längst nicht so gut wie Steel Panther.
Das Video zu Fugitive oben ist jedenfalls herrlich billiger Käse.