laut.de-Kritik

Musik für die Insel (unter Palmen).

Review von

Ed Sheeran – die Allzweckwaffe der Musikindustrie – versammelt auf "No.6 Collaborations Project" 22 berühmte Gäste. Die meisten von ihnen haben nichts gemein mit der unschuldigen Singer/Songwriter-Mucke, mit der der Brite Anfang des Jahrzehnts antrat.

Aber auch an Sheeran ging der Ruhm nicht spurlos vorüber. Statt im Stammpub in Halifax sah man den 28-Jährigen mit den Weltstars schäkern. Kauzig, sympathisch und vor allem erfolgreich blieb er dabei stets. Trotz 150 Millionen verkaufter Platten wirkt er wie einer aus dem Volk. Und weil das Volk mittlerweile Rap und R'n'B feiert, liefert Sheeran auf seinem vierten Album das entsprechende Opium.

Cardi B, Chance The Rapper, PnB Rock, J Hus, Dave, Young Thug, Meek Mill, A Boogie Wit Da Hoodie – Sheerans Gästeliste liest sich wie die Lohnliste eines DJ-Khaled-Projekts. Dass Sheeran seinen Fokus endgültig auf Hip Hop gelegt hat, kann selbst der glühendste Tag-Eins-Fan nicht mehr leugnen. Daran ändert auch der Hardrock-Rausschmeißer "Blow" an der Seite von Chris Stapleton nichts. Sheeran inszeniert sich als rothaariger Chris Brown, der die Großen des Raps um den Finger wickelt.

Schlecht sieht er neben einem Travis Scott nicht einmal aus. Für das gemeinsame "Antisocial" füttert er den "Astroworld"-Sound mit zehn Stangen Hubba Bubba. Eminem erhält auf "Remember The Name" sogar eine Frischzellenkur, die ihm Rick Rubin und die gemeinen Musikkritiker noch verweigert hatten: "Man, I feel like Ed, it isn't time to drop the mic yet".

"Ich will nicht dein Geld, ich will deine Zeit", muss sich Sheeran auf dem Hochglanz-Schmuser "I Don't Want Your Money" anhören. Gesungen wird die Bitte von H.E.R., auf die sich schon vor Sheerans Rekrutierung alle einigen konnten. Immerhin bietet Sheeran der Sängerin eine größere Plattform. Khalid benötigt das Scheinwerferlicht seit dem Platinalbum "American Teen" nicht mehr. Deshalb bekräftigt er im hymnischen "Beautiful People" auch, dass all das Schickeria-Gehabe nichts wert sei.

Musik für die Insel schreibt Sheeran immer noch. In diesem Fall aber nicht für seine regnerische Heimat, sondern für das Eiland, das näher am Äquator liegt. Lateinamerikanische Rhythmen und der kubanische Shooting-Star Camila Cabello wecken mit "South Of The Border" Urlaubsgefühle bei Menschen, die auf "All Inclusive" stehen. "No.6 Collaborations Project" bietet Musik für einfache Gefühle und Anlässe.

Da wirkt es fast schon erfrischend, wenn Stormzy trotz angezogener Handbremse einen Ausreißer in die Gosse wagt: "I do deals, but I never get twanged / News that ain't ever been planned / No goons that were never in gangs / Where I'm from, chat shit get banged".

Mindestens einen Hördurchganglang begeistert "No.6 Collaborations Project "allein mit seinem Wundertüten-Charakter. Das poppige Songwriting, die eingängigen Refrains – alles noch da. Wer Sheeran bisher mied, kann sich mit "No.6 Collaborations Project" dennoch herantasten. Die vielen Köche versüßen den Brei dahingehend, dass er auch für Sheeran-Gegner erträglicher wird.

Trackliste

  1. 1. Beautiful People (feat. Khalid)
  2. 2. South Of The Border (feat. Camila Cabello & Cardi B)
  3. 3. Cross Me (feat. Chance The Rapper & PnB Rock)
  4. 4. Take Me Back To London (feat. Stormzy)
  5. 5. Best Part Of Me (feat. Yebba)
  6. 6. I Don't Care (feat. Justin Bieber)
  7. 7. Antisocial (feat. Travis Scott)
  8. 8. Remember The Name (feat. Eminem & 50 Cent)
  9. 9. Feels (feat. Young Thug & J Hus)
  10. 10. Put It All On Me (feat. Ella Mai)
  11. 11. Nothing On You (feat. Paulo Londra & Dave)
  12. 12. I Don't Want Your Money (feat. H.E.R.)
  13. 13. 1000 Nights (feat. Meek Mill & A Boogie Wit Da Hoodie)
  14. 14. Way To Break My Heart (feat. Skrillex)
  15. 15. Blow (feat. Chris Stapleton & Bruno Mars)

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3 Kommentare mit 8 Antworten

  • Vor 5 Jahren

    Wegwerfmusik für die Generation Instagram. Seine Soloalben bestehen aus Kitsch. Steht für all das, was auf der Welt schiefläuft.

    • Vor 5 Jahren

      Ja da hast Du Recht. Terrorismus, Hungersnöte, AirBaeron und Nazikonzerte im Osten würde es Alles ohne Ed nicht geben... 1/5

    • Vor 5 Jahren

      peter son.. dein Kommentar ist für die Tonne. Auch wenn man Sheeran nicht mag steht seine Musik sicher nicht für alles was auf der Welt schief geht. Da sind schon andere verantwortlich und die machen nicht unbedingt alle Musik.

    • Vor 5 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 5 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 5 Jahren

      Da gehe ich mit DerMaddin zu Einhundertprozent d'accord!

    • Vor 5 Jahren

      "Wegwerfmusik für die Generation Instagram" ist schon richtig. Früher haben diese Leute Chris de Burgh gehört und der ist doch auch Fan von Eddie, soweit ich weiss.

    • Vor 5 Jahren

      „Steht für alles, was auf der Welt schief läuft” bedeutet nicht „ist verantwortlich für all das, was auf der Welt schief läuft”. Wofür etwas steht, ist sehr individuell und liegt im Auge des Betrachters.

      Für mich z. B. steht Sheeran u. a. für bedenkenlosen Konsum und das Verlangen nach Feelgood-Unterhaltung ohne nachdenken zu müssen, ferner steht er generell für aktuelle Popmusik, und damit für das Propagieren eines Lifestyles, in dem Dummheit und Oberflächlichkei cool sind und gefeiert werden. Wenn man das jetzt weiterspinnt, sind bedenkenloser Konsum und eine gewisse Feindlichkeit gegenüber allem Intellektuellen, wie man sie in manchen Kreisen beobachten kann, bestimmt wichtige Faktoren für Hungernöte und anderes Unheil in der Welt.

      Das ist natürlich sehr vereinfachend, aber ich kann schon verstehen, wenn solche Assoziationen bei aktueller Musik aufkommen.

    • Vor 4 Jahren

      Was Leute wie ihr da hineininterpretiert ist schon sehr erstaunlich. Ist der Geltungsdrang derart groß, dass man sich mit so einem lächerlichen pseudo-philosophischen Gestammel lächerlich machen muss?
      Nein dein Gequatsche ist nicht "vereinfacht" es ist an den Haaren herbeigzogene und prätentiöse Teenager-Wichtigtuerei.

  • Vor 5 Jahren

    Bis Song 4 dachte ich noch, man könnte wohl auch 4 Sterne vergeben, ab dann sind aber doch zu viele recht fade Stücke dabei. Nothing on you ist für mich der Höhepunkt, die Songs mit H.E.R. und Skrillex sind am langweiligsten.

  • Vor 5 Jahren

    Ich hatte letztens son Moment... Da dachte ich:" boah, dir geht's zu gut. Gleich Mal ne Runde Elliott Smith hören" wobei... Dem voraus ging eine Folge Rick and morty. Ich dann so Elliott Smith between the Bars glaub's und einer bei judetube dann :" whoah das klingt so fröhlich... Ist aber voll traurig, wenn man auf den Text achtet [Headshot hier einfügen] das ist ja wie dieses eine Lied von Ed Sheeran, wo es nur über Drogen geht. Aber außerhalb von UK versteht das keiner"
    Frage in die Runde: Elliott Smith im gleichen Atemzug wie ed Sheeran. Ja, geht klar oder nein -> Spaßkammer?