laut.de-Kritik
Die etwas andere Adventsplatte.
Review von Ulf KubankeVom nicht ganz und gar lupenreinen Black Metal in Richtung Unplugged Show zu gehen, markiert schon für sich genommen einen mehr als ungewöhnlichen Genremoment. Stehen die Allermeisten nahezu jeder extremen Spielart doch nicht gerade Schlange, wenn es zum akustisch entschlackenden Substanztest kommen soll. Eden Weint Im Grab sind da aus ganz anderem Holz geschnitzt. Unter dem trügerisch heimeligen Tiltel "Nachtidyll" läd die schaurige Berliner Dark Metal-Bande zur sanften Geisterstunde ganz eigener Art. Die etwas andere Adventsplatte.
Puristen vom Szeneplaneten sollten sich möglicherweise eher vorsichtig herantasten. Offene Geister jeder Richtung indes erhalten eine charmante Höllenfahrt, die in der Summe ihrer Teile viel mehr ist als Bläck Meddl zur Klampfe. Spätestens mit dem letzten Studioalbum "Geysterstunde" zeigte sich die Hinwendung Alexander Paul Blakes zum nekromantischen Bänkelsänger. Der dortige Moritatenrock mit höchstens noch rudimentär vorhandenen BM-Elementen erweist sich als idealer Schritt in die hier vollendete creepy Kammermusik.
Es ist durchaus beeindruckend, zu sehen, wie die einzelnen Lieder hier gänzlich unangestrengt vollkommen neue Facetten offenbaren. Als Conferencier des Grauens geleitet Blake sein Publikum durch ein schauriges Kaleidoskop voller Gebeine. "Ich bin nur ein Gaukler; ein einsamer Tor./ Und spiele euch täglich die Moritat vor."
Handwerklich wie künstlerisch ist die Produktion bemerkenswert. Ein nie überladenes Klangbild, das mit intelligenten Stereospielereien der variabel eingesetzten Instrumente aufwartet. Großartig gemixt und ausbalanciert, was bei den zwischen Growls, Flüstern und Klargesang pendelnden Vocals der fünf Beteiligten alles andere als einfach ist.
Sahnehäubchen für diese gezupfte Chronik des Todes: die Edeljoker Aline Deinert (Geige u.a. bei: Haggard, Empyrium) sowie Cellist Markus Freitag ("Before I Forget"). Beide fügen sich ins Klangbild, als hätte man nie ohne einander gespielt. Als Anspieltipp zum Nachhören solch toller Ensembleleistung empfehle ich die zweiminüte Einleitung von "In Ein Altes Stammbuch". Das Arrangement ist dermaßen schön. Man ist fast ein wenig enttäuscht, wenn in den letzten 60 Sekunden noch der Gesang dazu kommt.
Die Eleganz der konsequent modrig angehauchten Texte setzt sich weitgehend fort. Besonders gelungen sind hier die storyorientierteren Songs wie "Gespenster-Revue Im Theater Obszön" oder die "Moritat Des Leierkastenmanns". Letzteres eine Art böser Zwilling von Schuberts "Leiermann". Viele gelungene Vincent Price Momente im eleganten Hammer-Productions Kostüm. Auch poetischere Ansätze wie die Neukomposition "Kali Yuga" funktionieren hervorragend. In der Intonation des Sprechgesangs muss Blake allerdings darauf achten, sich nicht selbst als Witt-Abziehbild zu inszenieren. Zu ähnlich und ganz ohne Not verortet er etwa beim ebenfalls neuen "Nächtliche Melancholie" die Klangfarbe seiner Intonation im "Bayreuth" des "Goldenen Reiters".
Trotz des sprachlich gelegentlich übertrieben pathetischen Hangs zur "Neuen Deutschen Todeskunst" (z.B. "Ein Requiem In Sepia", hier kontrastierend dargeboten als erfrischender Zombie-Shanty) bleiben die Texte weit über dem Durchschnitt gängiger Spartenkombos. Alexander Blake ist in den besten Momenten seiner hörbar naturverliebten Lyrik näher bei Namensvetter William Blake als beim sonst eher gängigen "Satan fucks your Ass"-Klischee. Hoffentlich baut er dieses Talent weiter aus.
Zum Ausklang dann Das Ichs Underground-Evergreen "Kindgott" in der Eden-Variante. Die recht groovy Plugged-Zugabe kann den toller Eigenkompositionen zwar nicht ganz das Wasser reichen. Doch in den Händen des Quintetts darf der Lauscher die sprachlich etwas gezwungene Nummer wenigstens musikalisch erstmals genießen. Das ist ja auch was.
Insgesamt: ein erfreuliches Lebenszeichen der jüngeren deutsch singenden Generation ohne jede Anbiederung an trendy Schablonen. Weiterhören in ähnlicher Richtung mit den frühen Coppelius oder aktuell dem überragenden Album des Gentlemen Club A Forest Of Stars.
2 Kommentare
Mir ist das zu künstlerisch aufgesetzt und ungewollt lächerlich. Und der Gesang erinnert mich immer eher hieran: http://www.youtube.com/watch?v=VjVqaM2OF9A
EwiG ist über jeden Zweifel erhaben.. Aber naja.. Akustikalben sind immer so ne Sache. Höre meistens dann doch lieber plugged