laut.de-Kritik
Die Ausnahmeband hält dem Erwartungsdruck stand.
Review von Giuliano BenassiDer besondere Status der Band aus Manchester zeigt sich bereits am Promo-Begleittext. Wo sonst ein DIN A4-Blatt meist dürftige Informationen vermittelt, liegt diesem Album ein Reclam-Büchlein bei, das sich bei genauerem Hinsehen als Reclaim-Heft entpuppt. Zwischen den bekannten gelben Deckblättern sind nicht nur die Kommentare zu jedem der neuen Songs zu finden, sondern auch die Texte aller fünf Elbow-Werke.
Ein kleines Juwel für Sammler also. "Es ist mir extrem peinlich, dass ich kein Wort Deutsch spreche; trotzdem ist es vielleicht ganz hilfreich, wenn alle etwas mehr über diese Tracks erfahren. Schließlich benutze ich immer wieder Umgangssprache und Slangausdrücke, die selbst die Deutschen mit ihrem makellosen Englisch unter Umständen nicht sofort verstehen", erklärt Sänger und Texter Guy Garvey.
Musikalisch bewegen sich er und seine Mitstreiter wie gewohnt auf Pfaden abseits der Hauptrouten. Schon der achtminütige Opener "The Birds" ist eine Reise für sich. Zunächst hört man ein schnelles Ticken, dann setzt ein Gitarrenriff ein. Behutsam singt Garvey über einen alten Mann, der über das Ende einer Beziehung sinniert, fast schon monoton von seiner Band begleitet. Nach und nach setzen Keyboards und Streicher ein, bis nach sechs Minuten elektronisch-symphonischer Bombast den Hörer abheben lässt. Ein wahrer Höheflug.
"Lippy Kids" (mit der Zeile, die dem Album seinen Titel gibt), besteht neben Garveys hoher Stimme im Wesentlichen aus wenigen Klavier- und Gitarrennoten sowie gesampelten Hintergrundstimmen, die zu einem mächtigen Stimmgewitter anwachsen. Ein Element, das auf dem Album eine wichtige Rolle spielt, denn auf sechs von elf Stücken ist der Jugendchor des Hallé-Orchesters zu hören.
Auf "With Love" hört sich der Sänger ein bisschen wie Sting an, doch auch hier sorgt der Chor für einen Aha-Effekt. "Jesus Is A Rochdale Girl" und "The Night Will Always Win" kommen dagegen wieder mit einfachen, leiseren Mitteln aus. Doch der weitere Verlauf bringt immer wieder Abwechlung, wie die schon fast volksmusikalischen Einlagen in "Open Arms" oder das zarte, rein vokale "The Birds (Reprise)". Mit "Dear Friends", einer Danksagung an alle, die die Band im Laufe der Jahre unterstützt haben, endet Elbows fünftes Album mit einer Verneigung.
"Wir haben uns wie jedes Mal darauf konzentriert, ein Album aufzunehmen, das einen auf eine Reise mitnimmt. Das einem im Idealfall nach dem Anhören an einen anderen Ort transportiert hat. Wir sind in erster Linie noch immer eine Band, die Alben macht. Wenn wir damit mal nicht weiterkamen, stellten wir uns eine ganz simple Frage: 'Was wollen wir als nächstes hören?'", so Garvey zu Elbows Einstellung.
In den Blueprint Studios in Salford aufgenommen, in denen schon die Vorgänger "Leaders Of the Free World" und "The Seldom Seen Kid" entstanden, strahlt die Platte eine bemerkenswerte Ruhe aus. Die einerseits dem gesunden Selbstbewusstsein entspringt, keinem etwas beweisen zu müssen, andererseits an der Produktion liegt, die wie schon beim Vorgänger Keyboarder Craig Potter übernommen hat.
Mit "Build A Rocket Boys!" zeigen Elbow, dass sie dem Erwartungsdruck standgehalten und sich nicht von ihrem Weg haben abbringen lassen: Den, träumerische Klangwelten zu erschaffen, die den Hörer für die Dauer einer Platte in aus seinem täglichen Trara entführen.
PS: Wem es nicht gelingt, eines der Reclaim-Büchlein zu ergattern, findet die Song-Kommentare auch auf der Labelseite www.elbowmusic.de.
7 Kommentare
huch, gar nicht mitbekommen dasss die dabei waren was neues rauszubringen.
geil, kauf ich ohne weiter nachzudenken!
Album ist wirklich sehr gelungen, die 4 Pkte passen absolut, kann man kaum was falsch machen bei dem Kauf.
Mensch laut, mit der Kritik habt Ihr Euch ja Zeit gelassen. Schaue schon die ganze Woche nervös auf der Seite nach Eurer Meinung. Aber schön, dass ich jetzt hundertprozentig zustimmen kann. Großes, unaufgeregtes Album von Elbow und jetzt schon einer meiner musikalischen Höhepunkte in diesem Jahr. Ich liebe Garveys Stimme und die Songs strahlen eine unheimliche Atmosphäre aus. Außerdem mag ich wohldosierte Chöre in guten Popsongs!
PS und off topic: Und wann kommt endlich die Kritik zum neuen Thomas-D-Album? Bin da nach dem ersten Reinhören noch reichlich unentschlossen, ob kaufen ja, oder kaufen nein. Orientierungshilfe bitte!
Ich persönlich finde ja, die waren schon immer eher die Albumband denn typische Singlekasper. Ich finde dieses Album ist mindestens so toll wie "Cast of thousands", wobei meine Wahl da wohl sehr mit den Erinnerungen verknüpft ist, die den jeweiligen Platten anhängen. Wirklich schlecht ist nämlich keines ihrer Alben.
Also, The Birds ist ja der Oberhammer. Dieses electropiepsige keyboard über die Hauptmelodie, dann den den alternativen Text darauf(what are we gonna do with you ... ) und die Streicher (später). Das alles in genialer Kombination überainandergelegt.
Hammer! Typisch Elbow.
für mich jetzt schon einer der highlights 2011 ...
mann... scheiße wie ist das geil, hoffentlich bald auf tour auch wieder in germany...
hier live der opener ist typisch elbow, fängt fast 'langweilig' an und steigert sich dann zum finalen musikorgamus, großes kino
grandios auch "the night will always win" (zweiter link), also wer da nicht heult vor rührung ist selbst schuld
http://www.youtube.com/watch?v=eV0jYHTA1rI
http://www.youtube.com/watch?v=H7vJSB8uZFM