laut.de-Kritik

Sanfte Landung nach dem Höhenflug.

Review von

Mit dem vierten Album "The Seldom Seen Kid" gelang der Band aus Manchester 2008 der Durchbruch, mit dem Nachfolger "Build A Rocket Boys!" (2011) schossen sie sich gar in ungeahnte künstlerische Höhen. Doch was fliegt, wird irgendwann landen. Das ist nicht nur ein Allgemeinplatz, sondern auch die Quintessenz des nunmehr sechsten Albums.

Denn so spektakulär wie die Vorgänger wurde "The Take Off" nicht. Geruhsam, gar entspannt beginnt es mit Orgeltönen, einem sanften Schlagzeug und einzelnen Gitarrennoten, während die Stimme von Sänger Guy Garvey mehr denn je an die von Sting erinnert. Fairerweise sollte man hinzufügen, dass Garvey meilenweise besser klingt als Sting es jemals getan hat.

Das beste Stück des Albums ist gleich das zweite, "Charge". Wie Garvey hier gegen die Instrumente singt und dadurch einen eigenen Rhythmus erzeugt, ist bemerkenswert. "I am electric / With a bottle in me / Got a bottle in me / And glory be / These fuckers are ignoring me", reimt er.

"Fly Boy Blue / Lunette" klingt schon fast wie eine folkige Version der frühen Pink Floyd - mit E-Gitarrensolo und mächtigem Bläsereinsatz zwischendrin. "Real Life (Angel)" erinnert an 80er-Pop und fällt fast schon tanzbar aus, "Honey Sun" und "Colour Fields" hört man an, dass die Grundstrukturen samt Samples am Computer entstanden sind.

Im Titeltrack warfen die Beteiligten dann offenbar alle übrigen musikalischen Ideen zusammen: So klingt die Nummer wie eine Klangkollage, die mit sieben Minuten auch noch zu lang ausfällt. "The Blanket Of Night" sorgt für einen träumerischen, wenn auch etwas bedrohlichen Abschluss.

Die unterschiedlichen Stimmungen der Stücke mögen daher stammen, dass die Tracks erstmals nicht gemeinsam im Studio ersonnen, sondern von den einzelnen Mitgliedern mitgebracht wurden: Gitarrist Mark Potter schrieb "Honey Sun", Bassist Pete Turner "Colour Fields". "Fly Boy Blue / Lunette" dagegen war eine Gemeinschaftsarbeit der Band ohne Sänger Garvey.

Der pendelte während der Aufnahmen zwischen New York und Manchester, was den Albumtitel erklärt und auch seine Texte. "Man findet in Großbritannien sicherlich vieles, auf das man stolz sein kann. Aber genauso findet man vieles, für das man sich schämen oder wovor man sich gar fürchten kann. Deshalb hatte dieses Heimkommen gelegentlich einen bitteren Beigeschmack", so Garey.

Sich jedes Mal einen Meilenstein aus dem Ärmel zu schütteln, gelingt wohl keinem, auch Elbow nicht. "The Take Off And Landing Of Everything" ist ein solides Album, hält aber den Vergleich mit den zwei Vorgängern nicht Stand. "Coming down is the hardest thing", erkannte Tom Petty in einem seiner bekanntesten Lieder, "Learning To Fly". Elbow ist zum Glück eine sanfte Landung gelungen.

Trackliste

  1. 1. This Blue World
  2. 2. Charge
  3. 3. Fly Boy Blue / Lunette
  4. 4. New York Morning
  5. 5. Real Life (Angel)
  6. 6. Honey Sun
  7. 7. My Sad Captains
  8. 8. Colour Fields
  9. 9. The Take Off And Landing Of Everything
  10. 10. The Blanket Of Night

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6 Kommentare mit 5 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    Witzig. Jenseits des Metals herrscht hier immer weniger Kompetenz.

  • Vor 10 Jahren

    Gütiger im "Wo auch immer"!!!! Wo klingt denn Guy Garvey nach Sting. Da muss ich Henni 2013 leider voll zustimmen. So ein Pennäler Vergleich spricht nicht für den Rezensenten. Peter Gabriel hätte ich mit Bauchschmerzen noch stehen lassen, aber Sting..., das ist nun wirklich eine Beleidigung.

    • Vor 10 Jahren

      Beleidigend finde ich das nicht, aber ich mag auch beide Sänger gerne. Allerdings: ich höre auch keine Ähnlichkeit. Noch finde ich, dass "Build A Rocket Boys" so ein großer kreativer Höhenflug gewesen sein soll.

    • Vor 10 Jahren

      Ich verstehe den Vergleich zwar auch nicht aber mit Sting verglichen zu werden ist eine Ehre und keine Beleidigung!

  • Vor 10 Jahren

    Leider geb ich Euch recht...keine fundierte Review eines doch recht subtilen aber großen Albums. Sting???

  • Vor 10 Jahren

    3 Punkte für Elbow sind aber auch 'ne Kampfansage. :D

  • Vor 10 Jahren

    Habt Ihr ganz ehrlich eine fundierte Rezension eines Elbow Albums erwartet, von Benny Benassis Bruder?

  • Vor 10 Jahren

    Erstmal finde ich gut, dass das Album nicht gleich am Erscheinungstag besprochen wurde. Sollte man vielleicht öfter machen, weil Musik bekanntlich oft erst gedeihen muss.
    Zum Album: Ich finde es klasse. Anfangs war ich milde begeistert, inzwischen bin ich herzlich begeistert. Insgesamt ist es ein ziemlich subtiles und vor allem schönes Album geworden.
    Irgendwie klingt das wieder alles so majestätisch. Beim Hören eines Elbow Albums kann man sich immer ein bisschen wie ein britischer Lord fühlen :)
    Ich weiß nicht, ob das erstrebenswert ist oder ob das jetzt Sinn ergibt aber wie auch immer, auf jeden Fall ein Album für die Endjahres Top Zehn.

    • Vor 10 Jahren

      Was spricht gegen eine Kritik am Erscheinungstag? Oder denkst du, die Kritiker würden die Platten erst an selbigem bekommen?

    • Vor 10 Jahren

      Ich weiß nicht, wie lange vor Release die die Platten genau bekommen. Wenn das jetzt 1 Tag ist, dann macht das ja auch keinen signifikanten Unterschied.
      Ich finde einfach, dass man oft ein bisschen Zeit braucht, damit sich einem Album ein erschließen kann und um dieses Album einordnen zu können. Man muss sein Geschreibsel dazu ja auch nicht immer gleich am Tag des Release veröffentlichen.
      Wobei das auch vom Künstler oder Genre abhängt.
      Ein Luxuslärm oder Against Me! Album (das soll nicht heißen, dass ich die beiden Bands irgendwie gleichsetze) kann man sicher eher nach einem Hördurchgang rezensieren als ein Porcupine Tree, Elbow, Jon Hopkins oder Dredg Album. Oder irgendetwas aus Prog Metal Gefilden.

    • Vor 10 Jahren

      1 Tag? So weit ich weiß kommen viele Platten schon Wochen vor Release bei den Redaktionen an. Alben die erst einen Tag vorher kommen, dürften die Ausnahme sein.