laut.de-Kritik
Gelungener Soundtrack zum Buch über sein Lebenswerk.
Review von Giuliano Benassi"Ich wusste, dass mir von Geburt an gutes Aussehen und Selbstvertrauen fehlten, die Voraussetzungen für den Publikumserfolg", erkennt der noch jugendliche Declan McManus zu Beginn der 1970er Jahre. Dass er sich irrte, beweist er seit 1977 unter seinem Künstlernamen Elvis Costello. Auf 30 LPs hat er es seitdem gebracht, im November 2015 erscheint zudem seine knapp 800 Seiten dicke Autobiografie "Unfaithful Music", begleitet von der vorliegenden Doppel-CD, die als eine Art Soundtrack dient.
Eine nette Idee. Wer außer dem Hardcore-Fan kennt schon alle Stücke, die typischerweise in solch einem Werk beschrieben werden? Insbesondere die 'Perlen', die nicht zu den Hits zählen, die für den Künstler aber eine besondere Bedeutung besitzen?
Passend zur Buchstruktur ist die Trackliste nicht streng chronologisch angeordnet. Um sie aus dem Weg zu räumen, kommen die bekanntesten Lieder gleich zu Beginn. Dass Costello in den ersten Jahren seiner Karriere die größten Charterfolge feierte, verblüfft nach wie vor. Annähernd eingängig fällt lediglich "Oliver's Army" aus, das es 1982 auf Platz 2 der britischen Single-Charts schaffte.
"Only takes one itchy trigger / One more widow, one less white nigger", textete er in dem Stück zu fröhlich anmutender Begleitung. Nicht sein Erscheinungsbild, nicht seine kratzige und angestrengte Stimme, nicht seine Gitarren- oder Klaviertechnik bestimmten seinen Erfolg, sondern seine originellen Verse, in denen er persönliche Ereignisse und aufgeschnappte Gesprächsfetzen verarbeitete.
Dazu kennt er sich bestens in der Musikgeschichte aus und besitzt eine besondere Fähigkeit, mit den unterschiedlichsten Künstlern zusammen zu arbeiten. Auch davon zeugt die Zusammenstellung, von seinem frühen Duett mit George Jones ("Stranger In The House", 1979) über sein gefeiertes Album mit Burt Bacharach ("Painted From Memory", 1998), hier mit einem von Costellos traurigsten Texten vertreten, "In The Darkest Place".
1987 schrieb er mehrere Stücke mit seinem Jugendidol Paul McCartney, eines davon "Veronica", in dem Costello die Demenzerkrankung und den Tod seiner Großmutter verarbeitete.
In New Orleans begab sich Costello nach Hurrikan Katrina mit der örtlichen Produzenten-Legende Alain Toussaint ins Studio, um das Album "The River In Reverse" (2006) mit "Ascension Day" aufzunehmen. "The Birds Will Still Be Singing" stammt dagegen aus seinem Album "The Juliet Letters" (1993) mit den Streichern des Brodsky Quartet.
Als Schmankerl bietet Costello ein bisher unveröffentlichtes Stück, das er 2008 mit Rosanne Cash und Kris Kristofferson geschrieben hat, benannt nach dem Tag, an dem sie es aufnahmen, "April 5th". Den musikalischen Abschluss, als Rückblick sozusagen, bildet ein frühes Demoband aus dem Jahr 1975, "I Can't Turn It Off", als er sich noch "D.P. Costello" (nach seinem "richtigen" Vornamen Declan Patrick) nannte. Ein lohnenswertes Werk also, das sich nicht nur als Hintergrundbeschallung seiner Autobiografie gut macht.
1 Kommentar
Cool, aber wie wär's mal mit nem 'Get Happy!' oder 'My aim is true' Meilenstein?