laut.de-Kritik

Ergreifende Songs aus dem Schattenreich des Daseins.

Review von

Die Elysian Fields bezeichnen in der griechischen Mythologie einen paradiesischen Ort im Jenseits, in den verstorbene Helden und Dichter nach ihrem Tod eintreten. Bei dieser Band handelt es sich nicht um die griechische Metalband The Elysian Fields, sondern um ein New Yorker Duo gleichen Namens, differenzierbar durch das fehlende "The". Irritierend muss es tönen im paradiesischen Jenseits, Engelschöre sucht man vergebens.

Seit Mitte der Neunziger veröffentlichen die New Yorker Jennifer Charles und Oren Bloedow experimentelle Platten, die eine Nische besetzen zwischen Jazz und Indierock, Imagination und Realität, Verstörung und Faszination. Es geht um Art Rock oder Rock Noir, der sich dem Mainstream entzieht, um eindringliche Musik, die man eher im abgründigen, dunklen Jenseits und nicht im paradiesischen vermuten würde.

Der intensive Gesang von Charles und die subtile Instrumentierung prägen "Bum Raps & Love Taps". Der Opener "Lions In The Storm" erinnert mit dem säuselnden, lasziven Gesang und der Langsamkeit an Hope Sandoval von Mazzy Star, ein Schlagzeug, die verhalten geschlagene E-Gitarre und Streichersätze rahmen diesen großartigen, zwischen Morbidität und Schönheit pendelnden Einstieg. "Set The Grass On Fire" ruft schlagartig die formidable PJ Harvey ins Gedächtnis, ein düsterer, vertrackter E-Gitarren-Lauf bildet die rhythmische Basis, auf der sich der sonore Gesang entlang schlängelt.

Ähnlich schlafwandlerisch klingt "Sharpenig Skills", wobei der Gesang diesmal variationsreicher gesetzt ist und ein Pianolauf sich angemessen in die bedrückende Stimmung einfügt. Das über acht Minuten dauernde "Duel With Cudgels" startet mit einem psychedelischen Intro. Der gezupften Geige folgen sphärische Synthesizer-Sentenzen, der Besen rührt sanft das Schlagzeug, ehe das Klavierspiel sich in sonnigere Höhen wagt. Dann übernimmt wieder das Schlagzeug und die Gitarre - mit starkem Fokus auf die Bassseiten - die Führung und der Gesang hebt an zu einer sich langsam entfaltenden Melodie. Überraschend lieblich klingt das Keyboard in "Lame Lady Of The Highways", unterlegt mit dezenten Elektonika.

Die Harmonien bleiben immer im tonalen Bereich, werden aber durch den Gesang auf einem Niveau gehalten, das Fröhlichkeit oder Optimismus nur erahnen lässt.
"When I'm drifting in my dream, I love You / When I wake and nothing's what it seems, I love You", flüstert Jennifer betörend im fantastischen "When" zu weichem Klavierspiel. Liebe zwischen Traum und Wirklichkeit, nie klang sie trauriger und sehnsuchtsvoller. Klaustrophobisch entwickelt sich "Out To Sea" mit dem genuschelten, langgezogenen Gesang, der Ausweglosigkeit suggeriert und nur durch den rockigeren Refrain kurz ins Licht blickt. Sonst gibt es nichts zu lachen.

Das folgende Titelstück "Bum Raps & Love Taps" ist Charles' kürzlich verstorbener Großmutter gewidmet. Eine wunderschöne Klavierballade, in der die Sängerin hauchend die Vergänglichkeit der Zeit thematisiert. Das Album schließt mit "We're In Love" ebenso ruhig und melancholisch ab. "All alone I dream of castles / all alone forgetting myself / And I fell like dying / We're in love / So why am I crying?", klagt sie diesmal mit heller Stimme und in Rickie Lee Jones-Manier zur gezupften akustischen Gitarre.

Wenn im Leben die Erfüllung nur eingeschränkt zu genießen ist, dann muss eben das Täumerische ins Leben transportiert werden. Textlich wie auch musikalisch lassen sich Elysian Fields in diesem Kontext verorten. "Bum Raps & Love Taps" klingt immer ein wenig weltabgewandt. Mal narkoleptisch oder dämmerig, mal bedrohlich oder unglaublich zärtlich widmen sich Charles und Bloedow den Schattenseiten des Daseins, dem sie das Gute abzuringen versuchen. Und das ist aller Ehren wert.

Trackliste

  1. 1. Lions In The Storm
  2. 2. Set The Grass On Fire
  3. 3. Sharpening Skills
  4. 4. Duel With Cudgels
  5. 5. Lame Lady Of The Highways
  6. 6. When
  7. 7. Out To Sea
  8. 8. Bum Raps & Love Taps
  9. 9. We're In Love

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