laut.de-Kritik

Ein schaurig schönes Dark Cabaret.

Review von

Verweist der Bandname auf einen paradiesischen Ort in der griechischen Mythologie, klingt die Musik des New Yorker Duos wie die noch ungewisse Reise dorthin. Angesiedelt im Übergangsbereich zwischen Leben und Tod, Licht und Schatten, Traum und Wirklichkeit kreieren Jennifer Charles und Oren Bloedow mit ihren in dunkle Farben getauchten Liedern ein schaurig schönes Dark Cabaret mit Jazz-Anleihen und Indie-Verweisen.

Atmosphärisch schließt "The Afterlife" nahtlos an den ergreifenden Vorgänger "Bum Raps & Love Taps" an". Im Zentrum dieser auf Langsamkeit setzenden Kompositionen steht der Gesang Jennifers, der sich mit einer Klangfarbe irgendwo zwischen Hope Sandoval und PJ Harvey geheimnisvoll betörend in die auf Pianolinien basierenden Arrangements bettet.

Den Opener "How We Die" intoniert sie hauchend zu weichen Klavierakkorden, ehe sich Bass, Schlagzeug und vernebelte E-Gitarrenschläge dazu gesellen. Saxofon und Synthesizer stimmen ein jazzlastiges Finale an. Ihre Spannung beziehen die melancholischen Stücke aus dem Zusammenspiel der düsteren Vortragsweise und der schwermütigen Melodien, die sich aber immer wieder in ungemein zärtlichen Harmonien bündeln.

Ähnlich strukturiert ist "Where Can We Go But Nowhere", dessen lasziver Einstieg von Jennifers anhebendem Gesang, himmlischem Refrain, Backgroundchor und säuselnden E-Gitarre aufgebrochen wird. Während sich "Turns Me On" in Gothic Vaudeville-Manier zu dumpfen Klavierschlägen und E-Gitarrenfetzen langsam verschroben im Kreis dreht, überrascht "Only For Tonight" mit sonnigem Bossa Nova-Rhythmus, der aber bald von geisterhaftem Backgroundgesang wieder zum musikalischen Nachtstück gewendet wird.

Das poetische Spiel mit den Gegensätzen offenbart sich auch auf lyrischer Ebene: "I was troubled / I was calmed / I was naked / I was armed / the moment my eyes struck yours", flüstert Jennifer exemplarisch in der bezaubernden Pianoballade "The Moment". Mystische Augenblicke sind das, die zur annährenden Umschreibung die paradoxe Gleichzeitigkeit von An- und Abwesendem benötigen, die in der Entrücktheit des Sounds eine Entsprechung findet.

Ob das Duo Streicher in die Kompositionen integriert ("Climbing My Dark Hair") oder Harfenklänge und Holzbläser ("Drown Those Days"), stets setzt es auf reduzierte Arrangements, die den Boden der harmonischen Tonalität nie verlassen und sich ganz den bittersüßen Melodien unterordnen. Und doch klingt es schließlich paradiesisch, wenn beide im betörenden Abschluss "Ashes In A Winter Light" im Duett ihre Beziehung thematisieren und zu Streichern einen Neuanfang propagieren.

Mit "The Afterlife" haben Jennifer und Oren atmosphärische Songs erschaffen, die man sich prima in jenem verrauchten Nachtclub vorstellen kann, in dem David Lynch einst Isabella Rossellini verführerisch wie abgründig "Blue Velvet" hat hauchen lassen.

Trackliste

  1. 1. How We Die
  2. 2. Where Can We Go But Nowhere
  3. 3. Drown Those Days
  4. 4. Turns Me On
  5. 5. Only For Tonight
  6. 6. Someone
  7. 7. Climbing My Dark Hair
  8. 8. The Moment
  9. 9. Night Melody Of The Pull
  10. 10. Ashes In Winter Light

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