laut.de-Biographie
Emerson, Lake & Palmer
"Wir wollten uns im August oder September treffen und zusammen spielen, aber er starb, bevor wir es auf die Reihe kriegten", erinnert sich Greg Lake in einem Interview. Wir befinden uns im Jahr 1970, der frühzeitig Verstorbene ist Jimi Hendrix. Mit Lake an Bass, Gitarre und Mikrophon, Keith Emerson am Keyboard und Carl Palmer am Schlagzeug sollte eine Supergroup mit dem Arbeitsnamen HELP entstehen. Nachdem das H noch vor dem Einstieg wegfällt, bleiben ELP übrig – Emerson, Lake & Palmer.
Auch ohne die Gitarrenlegende sind Talent und Virtuosität in der Band im Überfluss vorhanden. Lake ist Mitglied von King Crimson, mit denen er das Bahn brechende Album "In The Court Of The Crimson King" (1969) aufgenommen hat. Emerson spielt bei The Nice und trägt nicht ohne Grund den Spitznamen "Jimi Hendrix der Hammond-Orgel". Sie treffen bei einem Konzert beider Bands im Fillmore East in San Francisco aufeinander. "Greg spielte irgendwas auf dem Bass, ich fummelte im Hintergrund am Klavier rum, und zack!, plötzlich war es da", erinnert sich Emerson. Da sie mit ihren jeweiligen Bands unzufrieden sind, beschließen sie, sich zusammen zu tun.
Die Suche nach einem Schlagzeuger gestaltet sich schwierig. Zu den Kandidaten gehören große Namen wie Ginger Baker und Mitch Mitchell, schließlich entscheiden sie sich aber für den weniger bekannten Palmer. "Die Chemie mit ihm stimmte am besten", erklärt Lake. Sie begeben sich ins Studio und nehmen unter der Leitung des Sängers ihr selbst betiteltes Debütalbum auf.
Noch vor der Veröffentlichung treten sie neben Jimi Hendrix, The Who und Sly And The Family Stone auf der Isle Of Man auf. "Das Publikum flippte komplett aus, als wir unseren Auftritt beendeten", beschreibt Palmer die Begeisterung der Zuschauer. Eine Meinung, die nicht alle teilen. "Eine tragische Verschwendung an Zeit, Talent und Strom", verkündet etwa der BBC-DJ John Peel.
Als "Emerson, Lake & Palmer" im Dezember 1970 erscheint, gelten sie dennoch als die neue Band schlechthin. Mit einer Mischung aus Rock, langen Improvisationen, klassischen Elementen und Jazz-Einflüssen reihen sie sich in das Genre ihrer vorigen Bands ein, schaffen es aber, eigene Akzente zu setzen. Mit der Ballade "Lucky Man" enthält das Album zudem ihr bekanntestes Stück.
Es ist der Beginn eines langjährigen Teufelskreises aus Studioaufenthalten und weltweitem Touren. Neue Alben erscheinen wie am Fließband. Ihr Zweitling "Tarkus" (1971) steigt in England direkt an der Spitze der Charts ein und führt zum Durchbruch in den USA. Das Livealbum "Pictures At An Exhibition" (1971) wird trotz mangelnder Promotion bei der Veröffentlichung zu einem ihrer erfolgreichsten.
Für "Trilogy" (1972) verhandeln sie mit Salvador Dalì, der das Cover malen soll. Die Zusammenarbeit scheitert schließlich an den überzogenen Forderungen des spanischen Künstlers. Auch so erreicht es Platz 2 in England und Platz 5 in den USA. Um das Album zu promoten, geben sie in einem Jahr 180 Konzerte. Nebenbei gründen sie ihr eigenes Label Manticore, um die volle Kontrolle über ihre Musik zu erlangen.
Das erste Ergebnis ist "Brain Salad Surgery" (1973). Das düstere, von H.R. Giger (später der Gestalter der Monster von "Alien") entworfene Cover gehört zu den bekanntesten der Rockgeschichte. Auf den Flügeln des Erfolgs stellen ELP eine riesige Bühnenshow zusammen, die 35 Tonnen Material und ein quadrophonisches Soundsystem beinhaltet. 1974 spielen sie in Kalifornien als Co-Headliner mit Deep Purple vor 350.000 Menschen. Die Tour dokumentiert die Dreifach-LP "Welcome Back My Friends to the Show That Never Ends ... Ladies and Gentlemen, Emerson, Lake & Palmer".
Nach all dem Stress gönnen sich die Mitglieder drei Jahre Auszeit. Sie stürzen sich in ambitionierte Soloprojekte, die zunächst nur Kosten verursachen. Als sie 1977 wieder zusammen kommen, beschließen sie, die Arbeiten unter dem Bandnamen zu veröffentlichen. Drei Seiten der Doppel-LP "Works 1" enthalten Soloarbeiten jeweils eines Mitglieds, während die vierte gemeinsames Material bietet, darunter auch den Evergreen "Fanfare For The Common Man".
Die folgende Tour bricht alle Rekorde. Auf Anregung Emersons reist die Band in sechs verschiedene Städte und stellt aus 1500 Bewerbern ein Orchester mit 75 Musikern zusammen. Die Crew besteht nun aus 130 Leuten und verschlingt allein an Gehältern 20.000 US$ am Tag. In den ersten zwei Wochen ihrer US-Tour häuft die Band drei Millionen Dollar an Verlusten ein. Eine Woche später beschließt sie, als Trio weiter zu machen.
Zerstritten und dem Bankrott nahe, veröffentlichen sie noch im selben Jahr Ausschussmaterial aus der "Works"-Session mit dem Namen "Works II". Obwohl sie sich anschließend trennen wollen, zwingt sie ihr Label dazu, noch einmal ins Studio zu gehen. Das Ergebnis ist das uninspirierte "Love Beach" (1979), das nur noch auf begrenztes Interesse stößt. Nach 30 Millionen verkauften Platten geben ELP im Dezember 1979 ihr offizielles Ende bekannt.
Die Mitglieder wandeln in den folgenden Jahren auf Solopfaden und beteiligen sich an zahllosen Projekten. Der erfolgreichste unter ihnen ist Palmer, der als Schlagzeuger von Asia nahtlos an den Erfolg von ELP anknüpfen kann. Seine Verpflichtungen lassen einen ersten Reunion-Versuch scheitern. Zwar tun sich Emerson und Lake mit dem ehemaligen Rainbow-Drummer Cozy Powell zusammen, aber weder das betont rockige Album "Emerson Lake & Powell" (1986) noch die folgende Tour führen zum erwünschten Erfolg. Das Trio löst sich rasch wieder auf.
1991 stehen Emerson, Lake & Palmer schließlich wieder gemeinsam im Studio, um Material für einen Soundtrack aufzunehmen. Der Film kommt nicht zustande, die Stücke landen aber auf der neuen Platte "Black Moon" (1991), auf der das Trio den gewohnten Sound mit modernen Elementen vermischt. Wie in alten Tagen begeben sich ELP auf Tour und sind zwei Jahre lang unterwegs. Als sie sich Ende 1993 ins Studio begeben, um neues Material aufzunehmen, beginnt Emerson, am linken Arm zu leiden. Unterbrochen von einer Operation, in verschiedenen Etappen aufgenommen und nachträglich zusammengesetzt, entpuppt sich "In The Hot Seat" (1994) als schwache Scheibe.
1996 ist Emerson wieder obenauf, und ELP begeben sich auf eine erfolgreiche US-Tour mit Jethro Tull. Obwohl sie anschließend Pläne hegen, sich an einem anspruchsvollen Konzept-Album zu versuchen, gehen sie 1998 ergebnislos auseinander. Eine Entscheidung, die diesmal endgültig scheint. "No future tours are currently planned", ist noch lange danach auf ihrer Webseite zu lesen.
2006 erscheint mit "The Birth Of A Band" eine Dokumentation von ELPs Auftritt beim Isle Of Wight Festival 1970. Die Bild- und Klangqualität ist nicht hervorragend, dafür äußern sich die direkten Beteiligten persönlich zu ihrem ersten gemeinsamen Konzert. Am 10. März 2016 stirbt Keyboarder Keith Emerson in seinem Haus im kalifornischen Santa Monica im Alter von 71 Jahren.
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