laut.de-Kritik
Punktsieg trotz glockenhellem Stimmchen.
Review von Michael SchuhEs mag einmal anders gewesen sein, aber im Jahr 2005 sieht Emma Bunton nicht nur wesentlich besser aus als Laufsteg-Sirene Beckham, sie schafft obendrein das Unglaubliche: Sie erregt durch musikalische Taten Aufsehen. Heutzutage eine eigentlich längst vergessene Sängerinnen-Tugend, und gänzlich unerreichbar für ehemalige Kollegen wie Victoria und Mel B., die schon ihre Körper schinden müssen, um überhaupt noch wahr genommen zu werden.
Da wir einfach mal davon ausgehen, dass auch Mel C. ihren Lappen bei Virgin inzwischen los hat, beglückwünschen wir Emma zu dem Erfolg, neben Geri Halliwell nunmehr das einzige Ex-Spice Girl mit Plattenvertrag zu sein. Nicht zu Unrecht: Was sich 2001 schon auf dem Single-Hit "What Took You So Long" abzeichnete, führt Emma nun auf "Free Me" ausschweifend fort: Unaufgeregter, bisweilen infektiöser Singalong-Pop für Lounge Bars mit dicken Ohrensesseln. In Sound und Look beamte sich Emma nämlich flugs in die 60er Jahre zurück.
Damit landet sie einen Punktsieg, denn auch wenn ihr glockenhelles, verträumtes Stimmchen ähnlich dem von Frau Minogue nie den Ausdruckspokal gewinnen wird, so versucht sie musikalisch wenigstens nicht, in die Fußstapfen von Madonna zu treten, sondern gleicht das Soundbild an ihre Stimme an. Folglich ist Emmas Pop-Universum leicht, selten seicht, opulent, und doch nicht manieriert. Dass die Frau gar keine Singstimme besitzt, merkt man eigentlich erst beim Abschlusssong, der klassischen Ballade "Something So Beautiful".
Gerät der Opener "Free Me" noch ein wenig bieder, zeigt sich schon dort Buntons Liebe zu alten Bond-Streicherarrangements, die auf "Maybe", "Tomorrow" oder "No Sign Of Life" besonders zum Tragen kommen. "Crickets Sing For Anamaria", im '68er-Original von Marcos Valle, ist dann waschechter Sixties-Chartspop mit Samba-Rhythmen, Kastagnetten, Handclaps und Glockenspiel. Gegen Ende verflacht die Vorstellung zwar ein wenig, aber man muss Emma schon zu Gute halten, dass sie ein paar richtig fluffige Sommerhits geschrieben hat. Warum das Album in England bereits 2003 erschienen ist und mit Simon Fuller ausgerechnet der Ex-Spice Girls-Manager für Emmas Comeback verantwortlich zeichnet, wissen wir nicht. Zumindest dürfte er für neues Selbstvertrauen bei Baby Spice gesorgt haben, denn wie man hört, will Emma nun den amerikanischen Markt erobern.
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