laut.de-Kritik
Knopfler, Mayer, Nelson und Petty machen Lust auf mehr.
Review von Giuliano BenassiDie Rückseite der Hülle bietet zwei Überraschungen, noch bevor man die Schutzfolie entfernt hat. Die erste: Obwohl Eric Clapton und einige weitere Stars dem legendären Kauz die Ehre erweisen, erscheint die Hommage bei einer kleinen Plattenfirma wie Surfdog. Dort stehen zwar Mittelkaräter wie Brian Setzer oder Glen Campbell unter Vertrag, doch handelt es sich sicherlich nicht um ein Major-Label.
Die zweite Überraschung steckt in der Liste der Gastmusiker, die Clapton zusammen getrommelt hat. In diesem Fall echte Hochkaräter: Mark Knopfler, John Mayer, Willie Nelson, Tom Petty und Don White. Moment mal. Wer zum Teufel ist Don White?
Die Suchmaschine liefert gleich eine ganze Liste an Ergebnissen. Das Foto eines Unbekannten im Booklet hilft weiter: Es handelt sich um einen Musiker aus Tulsa, der Geburtsstadt J.J. Cales, also um einen der Vertreter des Tulsa-Sounds. Dieses Etikett bekam der Stil zwischen Country, Folk, Rock(abilly) und Blues aus der Stadt in Oklahoma aufgedrückt. Auf seiner Webseite, in den vier Jahren vor dieser Veröffentlichung nicht mehr aktualisiert, bezeichnet er sich als Songwriter's Songwriter.
Einer also, der unter Kollegen durchaus bekannt ist, der den Durchbruch aber nie geschafft hat. Oder ihn vielleicht auch gar nicht wollte, genauso wie Cale. Der zog sich einst in die kalifornische Ödnis zurück, lebte in einfachen Verhältnissen und stopfte das viele Geld, das er verdiente, einfach in einen Hohlraum seines Hauses.
Diese entspannte Lebenshaltung beeinflusste seine Musik maßgeblich - und keiner kann ihn besser interpretieren als Clapton, dessen erster Solohit "After Midnight" im Jahr 1970 ein Stück Cales war, genau wie ein weiterer großer Erfolg, "Cocaine", 1977. Allein die Tantiemen dafür dürften Cale gereicht haben, um sich gut über Wasser zu halten.
Dennoch ging er ab und zu ins Studio und veröffentlichte insgesamt 15 Alben. Genügend Material also, um 16 Stücke für dieses Tribute auszusuchen. Dass "After Midnight" und "Cocaine" nicht mit von der Partie sind, überrascht nicht. Schließlich verfolgte Clapton das Ziel, Cales Musik einem großen Publikum zugänglich zu machen: seinem eigenen.
Über die Qualität der Versionen lässt sich nicht meckern. Vielleicht ist die Produktion eine Spur zu glatt ausgefallen, doch fließt die Platte vor sich hin, dass es eine Freude ist. Passend zu einer Aussage Cales: "Wir sind Wasser in einem Fluss. Das Wasser ist, wenn wir Glück haben, sauber, es sind ein paar Fische drin, es fließt vorbei, dann ist es weg, neues Wasser kommt", sagte er in einem Interview.
Die verschiedenen Gastmusiker drängen sich nicht auf, vor allem nicht stimmlich, sondern fügen sich der nie reißenden Strömung. Claptons Gitarre steht natürlich im Vordergrund, doch hört man auch Mark Knopfler und vor allem Willie Nelsons legendäre Trigger in den Stücken, die sie interpretieren, heraus. John Mayer hält sich vornehm zurück, wie auch Tom Petty, der so ruhig singt, dass man ihn kaum erkennt.
Auch die übrigen Musiker, allen voran Jim Keltner, der mit seinem Schlagzeug seit den 60ern so ziemlich alles begleitet hat, was Rang und Namen hat, stehen für Qualität. Doch auch hier gilt: Das Gesamtergebnis zählt mehr als die einzelnen Namen.
"So ist das Leben. Ich habe Glück gehabt. Ich kann sagen: Das Wasser rauscht vorbei, und ein paar Songs werden bleiben", beendete Cale im Interview seinen Gedankengang. Er hatte Recht: Seine Songs sind geblieben. Auch dank dieser Hommage, die Lust macht auf mehr. Im Original, natürlich.
Noch keine Kommentare