laut.de-Kritik

Muskeln, Masse, Mutterfick.

Review von

Manchmal trifft Farid Bang den Nagel auf den Kopf: "Du sagst, es kommt nicht aufs Gewicht, sondern auf die Ausführung an", erklärt er in "Banger Musiker". "Ich mach' lieber viel Gewicht, doch dafür die Übung falsch." Diese Zeile charakterisiert "Killa" im Grunde besser, als alles, das man über dieses Album schreiben könnte.

"Deutschrap ist ein Kuchen, Farid isst ihn ganz alleine und wer was vom Kuchen haben will, der wartet, bis ich scheiße." Lang dauert das nicht, keine Sorge, und knapp bemessen fällt die Zuteilung dann auch nicht aus. "Killa" bietet - zumindest was Farids Beteiligung daran betrifft - genau das, was eben dabei rauskommt, wenn man auf alles und jeden, auf die Konkurrenz, auf die Frauen, auf Technik, Zusammenhang, Inhalt, Sinn und Verstand scheißt, als habe man sich irgendwo die Amöbenruhr eingefangen: Unmengen dampfender Gülle.

So. Jetzt bitte alle miteinander: Dieser Daniel Fromm, der schwanzlose Hurensohn, hat es wieder nicht verstanden! Stimmt. Ich versteh' es nicht. Dabei wundert mich in einem Land, in dem Unheilig, Andrea Berg und Helene Fischer Platten verkaufen wie gestört und Heino mit Schlager-Coverversionen ausgenudelter Hits nicht nur ein Schnitzel, sondern gleich das ganze Schwein vom Teller zieht, eher weniger, dass "Killa" auf Platz eins der Charts gelandet ist. Wirklich und wahrhaftig Rätsel geben mir viel mehr die allerorten frenetisch jubelnden Kritiker auf.

8/10, auf diese Wertung hat man sich offenbar insgeheim verständigt. Demnach muss Farid Bang ja eigentlich eine überdurchschnittlich gelungene Platte abgeliefert haben. Immerhin tut er gar nicht erst so, als gehe es ihm nur im entferntesten um lyrischen Gehalt: "Mein Rap ist stumpf, mein Messer nicht." Entsprechend wahllos reiht er seine Themenkomplexe aneinander: Muskeln, Masse, Mutterfick. "Ich ficke eure Mamas, rappe nur noch über Para." "Es werden wieder Mütter gefickt. Aber diesmal gewaltig." "Es werden wieder Mütter gefickt. Werden nicht Mütter gefickt, wird im Benz herumgefahren."

Deine Mama hat gerade keine Zeit? Kein Problem. Farid nimmt ersatzweise auch deine Schwester, die Tochter von Lionel Richie, "jede Nacht eine neue Groupieslut", Sidos Ex Doreen und die Rosetten der Konkurrenz, "rapp(t) über Titten und benutz' deinen Arsch als Verhütungsmittel". "Ich fick' die deutschen Rapper, bis sie mich lieben." Kein Wunder, ist die Sorge um das strapazierte Werkzeug entsprechend groß: "Trotz breitem Schnitt siehst du durch die Hose mein Glied - denn das ist anabole Musik." Interessanter Zusammenhang zwischen Steroiden und Gemächtgröße, auch. Kannte ich so noch gar nicht.

Kollegah, der für die "King & Killa", Doppelpromo für zwei Alben auf einen Streich, reinschaut, schafft jede eventuell verbliebene Illusion aus der Welt: "Seit wir da sind, gehts im Hip Hop mehr um Bizeps als um Skills." Wozu braucht jemand, der wie Kollegah klingen möchte, ein Kollegah-Feature? Ein fast genau so großes Mysterium wie die Frage, warum sich Kollegah mit einem mittelprächtigen Abziehbild seiner selbst wieder und wieder abgibt. Aber ich versteh' ja, siehe oben, einiges nicht.

Zum Beispiel die durch und durch unvorteilhafte Wahl der Features: Neben den viel hungrigeren, rotzigeren Kollegen KC Rebell und Summer Cem wirkt Farid in "Disco MMA" noch eintöniger als ohnehin schon. Die Parts der US-Gäste Tony Yayo und N.O.R.E. stehen völlig ohne Verbindung zum Rest so unbeteiligt in den entsprechenden Tracks, dass man sie auch hätte weglassen können, ginge es nicht allein ums Namedropping. Ein Zweck, den auch Bushido erfüllt, der in "Goodfellas" seine übliche Mafiafilm-Nummer abzieht.

Schmalztriefende R'n'B-Hooklines von Julian Williams: Geschmacksache. Wenn Farid Bang allerdings plötzlich seinen Mutterfick-Marathon unterbricht, um einen auf nachdenklich, verletzt und gefühlvoll zu machen, wird es ziemlich schnell ziemlich skurril: "Außer vor Freude sollst du nie wieder weinen, Baby." Dazu grölt und applaudiert eine entfesselte Menge. Logik? Vermutlich gefickt.

"Was ist lächerlicher? Diese rappenden Clowns oder die Gleichberechtigung von Männern und Frauen?" Über den Lächerlichkeitsgrad von Hohlbirnen, die derart mittelalterliches Machogelaber über die Lippen bringen, ohne dass ihnen die Rübe implodiert, möchte ich noch nicht einmal spekulieren. Auch nicht darüber, womit die Mütter solcher Typen wohl die Zeit verplempert haben, die sie eigentlich hätten investieren sollen, ihren Söhnen diese rückständige Scheiße aus dem Leib zu prügeln. Ich rate dringend zur Vorsicht, sollte Farid bei seiner Runde an meine Mama geraten.

Aber is' ja alles nur Spaß. Alles Entertainment. Ich weiß. Dass mich "Killa" all seiner Verbaljauche zum Trotz besser unterhält als manch andere komplett belanglose Platte in letzter Zeit, liegt an den Produktionen. Theatralischer, martialischer, pompöser und mächtiger als mit "Farid Bumaye" kann man kaum in den Ring einmarschieren. Synthies gehen fiese Allianzen mit darunter entlang grollenden Fundamenten ein. Ein angemessen mörderisch-königlicher Beat flankiert "King & Killa".

Autotune-Gesinge auf Zeitlupen-Techno im Titeltrack, "und du fragst: Ist der Banger heute völlig durchgeknallt?" Zweifellos, aber selbst Dinge, die eigentlich nicht funktionieren dürften funktionieren prächtig. Die ganze Nummer erscheint so abstrus, dass es schon wieder komisch ist. Ansonsten regieren Chöre, Piano und drückende Bässe. Im "Comet Skit" weht ein Saxofon wie direkt aus den 80ern durchs Klo, und in "Bitte Spitte Toi Lab" fickt Farid die Mütter zum Klang einer Spieluhr. Ich will Instrumentals - oder das Album auf Spanisch, das Herr Bang unlängst für irgendwann versprochen hat. Dann verstehe ich den Unfug, den er von sich gibt, wenigstens nicht.

Wobei, wie gesagt: Gelegentlich trifft der Banger den Nagel doch auf den Kopf. Etwa, wenn er sich einen "Mike Tyson-Flow" attestiert. Passt auf eure Ohren auf.

Trackliste

  1. 1. Farid Bumaye
  2. 2. Lutsch
  3. 3. King & Killa feat. Kollegah
  4. 4. Killa
  5. 5. Mütter In Der Trennungsphase
  6. 6. #Moroccogang feat. La Fouine
  7. 7. Ohne Bang feat. Julian Williams
  8. 8. Dein Weg
  9. 9. Comet (Skit)
  10. 10. Banger Musiker
  11. 11. Goodfellas feat. Bushido
  12. 12. Bitte Spitte Toi Lab
  13. 13. Disco MMA feat. KC Rebell & Summer Cem
  14. 14. Maskuliner feat. Majoe
  15. 15. Zeitmaschine feat. Julian Williams
  16. 16. Machogelaber feat. Tony Yayo
  17. 17. Fack Ju feat. N.O.R.E. & Kollegah
  18. 18. Bitte Spitte Toi Lab (Banger Musik Remix feat. Majoe & KC Rebell)

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27 Kommentare mit 40 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    Wenn die kleinen endlich Erwachsen werden.. (..aktuelle Generation braucht noch 2-3 Jahre) dann machen auch Jockels wie Fart keine Kohle mehr.

    Irgendwie kommt mir der Junge auch ein bisschen Schwul vor, oder? Ich meine in jeden Track muss er immer wieder drauf hinweisen das er männlich ist und körperliche Kraft besitzt. Was anderes kann er auch nicht "stammeln" (rappern geht anders ;))...So als wenn er sich selbst seiner Sache nicht so sicher ist... Und dieses übertrieben maskuline ist wohl so ein Selbstschutz für ihn, denke ich.

    Aber er wird sich auch noch "Outen" können, nun aber erstmal Cash verdienen mit weißen Teens aus der Ober/Mittelschicht die ;)

  • Vor 9 Jahren

    Wieviel haben Fler, Farid, Bushido & Co dieses Jahr verkauft? Die erfolgreichsten Alben 2014 im Countdown:

    https://www.youtube.com/watch?v=q1_rVhNwqj8

    • Vor 9 Jahren

      Marvin, die Charts interessieren keine sau. noch weniger dein komisches video. holste dir auf den zahlen einen runter ? starke verkaufzahlen beweisen dem kuenstler nur dass er musik fuer den duemmlichen poebel (wie dir) gemacht hat.

  • Vor 8 Jahren

    Bangermusik, Maskulin und EGJ werden immer viel zu schlecht bewertet von dieser Dani......