laut.de-Kritik
Stakkato-Gewitter aus Drums, Gitarre und Bass.
Review von Michael EdeleZu den weiteren Hintergründen des Splits mit dem alten Label lest einfach das Interview durch. Fakt ist, dass wir mit "Archetype" ein waschechtes Fear Factory-Album in den Händen halten, auf das Einige schon seit "Obsolete"-Zeiten warten dürften. Über Alt-Klampfer Cazares verliert keiner mehr ein Wort. Alt-Basser Olde Wolbers hat die Gitarre übernommen, und für die kommenden Live-Aktivitäten hat die Band sich Byron Strout von Strapping Young Lad gesichert. Doch die viel entscheidendere Frage ist natürlich: Wie klingen Fear Factory nach den ganzen Quälereien und mit dem für Experimente sehr offenen Christian Olde Wolbers als Hauptsongwriter?
Nun, ich möchte nicht sagen, besser denn je. Aber wenn ein Titel wirklich jemals zu einem Album gepasst hat, dann "Archetype" zu diesem. "Prototype" hätte es sicher auch getan, denn wir hören hier die Essenz dessen, was die Band damals bekannt gemacht hat. Technischer Firlefanz oder elektronische Spielereien bleiben fast ganz außen vor. Hier herrscht ein fettes Stakkato-Gewitter aus Drums, Gitarre und Bass, über das Burton C. Bell seine einzigartigen Vocals legt. Der Sänger kotzt sich hier alle Dinge von der Seele, die letztendlich zu seinem Ausstieg aus der Band geführt hatten, auch wenn man nach plattem Dissen vergeblich sucht.
Aggression wird auf "Archetype" wieder ganz große geschrieben, und wenn man bedenkt, dass Burton noch vor einigen Jahren sagte, dass er nicht mehr wütend genug für solche Musik sei, dann muss der Kerl inzwischen wieder ganz schön angepisst sein. Schon mit dem Opener "Slave Labor" macht der Junge klar, was Sache ist, und daran ändert sich auch beim knochenharten "Cyberwaste" oder "Bonescraper" nichts. Auf der anderen Seite beweist er aber auch, dass er immer wieder mit fantastischen, klaren Gesangslinien aufwarten kann, die das ganze Potenzial des Sängers zeigen. Vor allem die Halbballade "Bite The Hand That Bleeds" zeigt dies mehr als deutlich.
Experimente wie das Hip Hop-lastige "Back The Fuck Up" von "Digimortal" sucht man vergebens, statt dessen kreist fast ständig der Thrash-Hammer und gibt ein ums andere Mal voll auf die Nuss. Zwar ist das siebenminütige "Ascension" von Rhys Fulber eher überflüssig und kann eigentlich nur als überlanges Outro angesehen werden, dafür ist die Coverversion von Nirvanas "School" umso interessanter, denn der Song klingt mehr als nur ein wenig anders als das Original.
Wenn Fear Factory in der Form weiter machen und auch endlich ein vernünftiges Label im Rücken haben, könnten sie es tatsächlich noch bis nach ganz oben schaffen. Zu wünschen wäre es ihnen auf jeden Fall.
3 Kommentare mit 2 Antworten
Das Teil rockt!
Derbe, düster, kühl und bretthart! Top!
Wolbers damals das Hauptsongwriting zu überlassen, war genau die richtige Entscheidung. Die harten Songs klingen viel rockiger und die Balladen viel hymnischer als auf den restlichen Platten. Gerade in der zweiten Hälfte bekommt man einen Hammerrefrain nach dem nächsten geboten. Mit "Human Shields" ist sogar für mich ihr bester Song auf der Platte oben. Auch gut, dass der Keyboardanteil zugunsten eines etwas staubigeren, ursprünglicheren Sounds heruntergefahren wurde. Wirkt einfach zeitloser. Kann ich mir mittlerweile sogar besser geben als "Demanufacture". Für mich tatsächlich ihr bestes Album.
Von den Nachfolgern konnte mich dann nur noch "Genexus" so richtig überzeugen, aber die Scheibe war ja auch wieder ein wenig hymnischer angelegt.
Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.
Gerade beim Stakkatoriffmarathon. "Genexus" wirkt mir von der Balance zwischen harten und hymnischen Momenten dann doch von den Nachfolgern am gelungensten. Leider etwas zu sehr mit unnötigen Effekten überfrachtet.