laut.de-Kritik
Der Hype ist längst weg, nur die deutschen Ur-Punks nicht.
Review von Michael Schuh"Tach! Oder schönen guten Abend!", begrüßt Peter Hein sein Publikum auf "Hier Und Jetzt" lakonisch, der tatsächlich erst zweiten Fehlfarben-Liveplatte ihrer knapp 30-jährigen Geschichte.
Ruppig und unabgemischt empfängt einen kurz zuvor der "Monarchie"-Dampfhammer "Gottseidank Nicht In England", was mit der unglamourösen CD-Aufmachung korreliert: Ein Booklet aus nur zwei Seiten mit ein paar sehr kleinen Tour-Fotos und der Liste der an der Aufnahme beteiligten Städte.
Keine Frage: Der "Verschwende Deine Jugend"-Hype um die deutschen Ur-Punks ging so leise, wie er gekommen war. Nach den vergleichsweise größeren Labels !K7 und V2 sind die Fehlfarben nun wieder auf Keyboarder Kurt Dahlkes Atatak-Label gelandet und auch für eine fette Produktion hat der Dispo scheinbar nicht gereicht.
Warum vorliegender Mitschnitt der 2007er "Handbuch für die Welt"-Tour erst zwei Jahre später erscheint, wird erst gar nicht großartig erklärt - was die Fehlfarben zu sagen haben, kam schon immer direkt aus Peter Heins Großmaul.
So dürfte an "Hier Und Jetzt" am ehesten die Tatsache überraschen, dass auch die insgesamt wenig begeisternden Songs des letzten Albums in der Liveversion doch den typischen Fehlfarben-Charme aufweisen ("Am Ende Das Meer", "Teufel In Person").
Was einmal mehr an Hein liegt, diesem distinguierten Kaffeehausbeobachter mit Marktschreier-Organ, der immer wieder Slogans kreiert, für die diverse Werbeagenturen wohl mehr als den Betrag hinblättern würden, den die Fehlfarben mit dieser Platte verdienen.
Hein dabei zu beobachten, wie er Hein spielt, macht zwar im Konzert weit mehr Spaß, dennoch: Man nimmt ihm den darbenden Künstler und den von einer visionslosen Großen Koalition gebeutelten Bürger nach wie vor ab.
Zu unoriginell dagegen seine Attacken gegen Mehdorn, Grönemeyer und Bono, die schön verdeutlichen, wie schmal der Grat zwischen Feinsinn und Plattitüde oft ausfällt. Wenn Hein aber im einzigen neuen Song zu ungestümen Powerchords aus voller Brust "www.du-arschloch.de" brüllt, ist man wieder voll auf Kurs. Dass die besagte URL auf eine Pop-, Rock- und NDW-Coverband aus Hagen linkt, kann kein Zufall sein.
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