laut.de-Kritik

Das Fremdschämometer am Anschlag.

Review von

Dass es wieder zum guten Ton für schlaue Köpfe gehört, keine Ruhe zu geben, mag ja vielleicht sein. Einen Grund dafür, ausgerechnet Findus damit anzupreisen, sehe ich allerdings noch lange nicht. Wer weiß, eventuell haben die Hamburger tatsächlich was in der Birne. In ihren Texten kommt das jedenfalls nicht zum Ausdruck. Und unter "keine Ruhe geben" verstehe ich wohl etwas anderes als der PR-Texter.

Ein wahrer Satz findet sich dann aber doch in der Lobpreisung: Findus sorgen nicht dafür, "dass ein ganz bestimmtes Stück sich in besondere Höhen schraubt, sondern vielmehr ein erstaunlich souverän gehaltenes Niveau an der obersten Kante über die Dauer des gesamten Albums gehalten wird." Stimmt, erstaunlich ist das wirklich, wie der Fünfer hier den vielzitierten Niveaulimbo zelebriert. Einen größeren Einheitsbrei bekommt man selten vorgesetzt. Die "oberste Kante" bezieht sich wohl auf den Hörer. Fast während des gesamten Durchlaufs überlegt man, ob es nicht vernünftiger wäre, sich von irgendeiner hohen Kante zu stürzen.

Findus klingen wie "Sportfreunde Stiller" – nur noch unsäglicher. Immerhin trifft der Sänger ein paar Töne mehr. Macht nichts, wichtig ist der Inhalt. Ein paar wirklich schöne Zeilen lassen sich finden, das muss man zugeben.

Zum Beispiel beim Albumtiefpunkt (ja, Findus graben sich stellenweise noch unter der am Boden liegenden Messlatte hindurch), der auf den tollen Namen "Laternenlichtschatten" hört. Wie bei anderen Bands vielleicht der beste Song einer Platte, fasst "Laternenlichtschatten" "Vis A Vis" perfekt zusammen. "Wie ein Sturm ohne Wind / Wissen wir nicht wohin" heißt es da beispielsweise. Ja, wohin wollen Findus eigentlich?

"Vis A Vis" wirkt, als habe die Band eine fällige Album-Veröffentlichung abhaken wollen. Ideen gab es dafür aber keine. Mal schnell ein paar Akkorde aneinandergeklatscht, ein bisschen Pseudo-Poesie obendrauf, fertig. "Wie ein Wald ohne Bäume / Machen wir keinen Sinn" – da bin ich absolut eurer Meinung, Jungs! Auf dem Fremdschämometer blinken derweil Werte auf, die sonst nur das Nachmittagsprogramm von RTL erreicht.

Nur in einem Punkt macht das Album Spaß. Es finden sich nämlich noch weitaus mehr von diesen hübschen Metaphern. Sich die rauszupicken, kann wirklich erheitern. Bestenfalls sucht man einfach im Internet nach den Zeilen, um auf die musikalische Untermalung verzichten zu können: Hintergrundgeschrammel auf der Gitarre, eine gefühlte Ewigkeit lang derselbe Akkord und dumpfes 4/4-Getrommel.

Als besonders zermürbend erweisen sich die ab und an auftauchenden Instrumentalparts. Wie kommt eine Band auf die Idee, den Gesang ausgerechnet an den langweiligsten Stellen eines Liedes wegzulassen? Die Vocals schaffen es zumindest manchmal, zu kaschieren, wie uninspiriert die Tracks daherkommen. Manchmal. Gesangslinien wie in "Geld Frisst Stadt" tun jedoch nur noch weh.

Unvorstellbar, dass jemand die Hamburger einst als Punk bezeichnete. Von diesen Wurzeln ist auf "Vis A Vis" schlicht nichts mehr zu hören. "Mir fehlt die Wut", stellen Findus im Titelsong ganz richtig fest. Und weiter: "Langeweile tötet." Stimmt. Findus klingen belanglos, zahnlos, kurz: sinnlos.

Das Schöne an dem Mist ist nicht einmal die Relation, auch wenn "Laternenlichtschatten" diese Phrase lieber umdreht. "Am Ende nicht viel erlebt, außer gelernt", trällern Findus noch. Sie haben Recht, gelernt hat man aus dieser Tortur wirklich etwas: Finger weg von "Vis A Vis".

Trackliste

  1. 1. Alcatraz
  2. 2. Vis A Vis
  3. 3. Nachtwache
  4. 4. Buhmann
  5. 5. Laternenlichtschatten
  6. 6. Fremde Schatten
  7. 7. Ein Letzter Gedanke Zum Tag
  8. 8. Adam
  9. 9. Geld Frisst Stadt
  10. 10. Mondspaziergang

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2 Kommentare

  • Vor 10 Jahren

    Entschuldigung laut.de, aber keine Band hat es verdient, zu unrecht so zerrissen zu werden. Ich weiß nicht, was den Rezensent dazu bewegt hat so eine miese Kritik zu schreiben, aber mit ernst gemeinter musikalischer Auseinandersetzung hat das wenig zutun.
    Ein mit liebe gemachtes Album als fällige Veröffentlichung ohne Ideen abzustempeln und mit dem RTL Nachmittagsprogramm zu vergleichen ist soweit entfernt von der Realität wie Russland von der Demokratie.
    Vielleicht sollte man Herrn Berger lieber auf Sportfreunde Stiller und Revolverheld loslassen, davon scheint er mehr zu verstehen.

    Soweit erstmal...

  • Vor 10 Jahren

    Diese Rezension wirkt, als habe der Rezensent die fällige Veröffentlichung einer Rezension möglichst schnell abhaken wollen. Ideen dafür gab es keine. Mal schnell ein paar Sätze aneinandergeklatscht, ein paar Pseudo-Metaphern und -Vergleiche obendrauf, garniert mit willkürlichem Veriss, fertig.... Mal im Ernst: Man muss ein Album, auch das hier, nicht gut finden, man darf es sogar scheiße finden und das auch schreiben, aber ich erwarte als interessierer Leser, das eine Rezension mehr bietet, als das Umsichwerfen mit platten Begrifflichkeiten wie "Fremdschämometer" oder "Niveaulimbo" und völlig unpassende Vergleiche mit Sportfreunden Stillern und RTL. Interessiert hätte mich z.B. ein musikalischer Vergleich mit den beiden Findus-Vorgängeralben.