laut.de-Kritik

Das Juwel glänzt, stehlen will man es aber nicht.

Review von

Seit Monaten werden Frida Gold mit reichlich Bohei als deutsche Pop-Hoffnung herumgereicht. Sie waren bei The Dome, im Vorprogramm von Kylie Minogue, zu Gast in Radiosendern, Fahrstühlen und Autogrammstunden bei Saturn. Nur über die Promo-Hölle erfolgt der Aufstieg in den Pop-Himmel.

Dabei stürzen sich die Medien weniger auf die Songs der Band aus Nordrhein-Westfalen als vielmehr auf die talentierte Sängerin Alina Süggeler. Sie soll zum Popstar aufgebaut werden und gleichsam als Stilikone die Sterntaler aufsammeln. Kein Zweifel, Süggeler ist Frida Gold. Im Video zu "Zeig Mir, Wie Du Tanzt" ist ihre Band nicht viel mehr als Staffage, die bald dem Rotstift zum Opfer fallen dürfte.

Deshalb klingt "Juwel" auch mehr nach Kylie als nach Wir Sind Helden, mehr nach Outfit und großer Show als nach innerer Haltung. Schon der Text von "Morgen" kann einem gleichgültig sein, der elektrifizierte Popsong ist dagegen mit seinem Cafe Del Mar-Vibe wirklich spannend arrangiert. Hier hört man die Lektionen in Sachen Musikproduktion aus der Popakademie und das entsprechende Majorlabel-Budget.

Die große Nachtschwärmerei "Wovon Sollen Wir Noch Träumen", die mit Recht zur Single auserkoren wurde, kleidet seinen atemlosen Refrain mit elegischen Disco-Streichern, sanften Beats und einer Zweitmelodie auf der Synthie-Mundharmonika aus. "Unsere Liebe Ist Aus Gold" klingt wie ein funkelnder Elektro-Track, der sich nur etwas zu offensichtlich Robyns Erfolgsformel von "Body Talk" bedient.

"Ich hätt gern Sex zu dritt, das weißt du / Das heißt nicht, dass du mir nicht reichst / Ich schlaf gern aus, beweg mich langsam / Bin trotzdem hip und megatight", singt Süggeler sinnlich im eingängigen "Verständlich Sein". Der Songtext bringt dabei das eigentliche Dilemma von Frida Gold recht gut auf den Punkt.

Denn anders als die durchaus wesensverwandten La Roux, Little Boots oder auch Goldfrapp in England wird Süggeler wohl kaum Anschluss an hippes Live-Publikum im Alter jenseits der 18 finden. Der Threesome fällt aus, weil es hierzulande jenseits der bemühten Mia lange keinerlei Tradition für coole, feminine Pop-Produktionen gegeben hat - da können Upbeat-Hymnen wie "Undercover" oder die entzuckerte Ballade "Aufgewacht" noch so megatight produziert sein.

Solange die Illusion noch nicht perfekt ist, müssen Frida Gold durch trostlose Fernseh- und Radiowelten tingeln. Es glänzt ohne Zweifel, dieses "Juwel", nur unbedingt stehlen würde man es jetzt auch nicht.

Trackliste

  1. 1. Morgen
  2. 2. Wovon Sollen Wir Träumen
  3. 3. Unsere Liebe Ist Aus Gold
  4. 4. Verständlich Sein
  5. 5. Undercover
  6. 6. Zeig Mir Wie Du Tanzt
  7. 7. Waffen Und Pferde
  8. 8. Aufgewacht
  9. 9. Nackt Vor Deiner Tür
  10. 10. Komm Zu Mir Nach Haus
  11. 11. Denn Liebe Ist...
  12. 12. Cold Hearted Baby

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11 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    Das Album klingt mir etwas zu sehr nach Robyn und Ellie Goulding an manchen Stellen, da Stimm ich der Kritik voll zu.
    Die Texte sind die größte Schwäche auf dem Album, manche sind wunderbar geschrieben und andere laden zum Fremdschämen ein... :(

  • Vor 13 Jahren

    Das mit dem "Fremdschämen" unterschreib' ich auf der Stelle. Schade eigentlich. Es gibt ein paar nette Ansätze auf dem Album, aber aus denen wurde zu wenig gemacht; und dann gibt es noch ein paar ganz, ganz üble Tiefschläge, auf die man besser verzichtet hätte. Ein bißchen mehr Pfiff und Mut zur Eigenständigkeit hätten auch nicht schaden können. Haken wir's ab und hoffen, daß da noch was Gescheites nachkommt ...
    Gruß
    Skywise

  • Vor 13 Jahren

    Also mir gefällt das Album! OK, wenn ich ehrlich bin, hatte ich auch höhere Erwartungen an das Album, besonders nach den wirklich zauberhaften Wovon sollen wir träumen. Es ist (leider) nicht die Hammer-Platte geworden, die sich einige gewünscht und erwartet haben, aber es ist dennoch ein recht ordentliches Album, irdgendwo zwischen 3-4 Punkten. Es gibt 2 Ausfälle- Augewacht und Nackt vor deiner Tür, ein paar ganz OK Nummern und 3-4 Über-Songs! Aber das gleiche kann man auch von La Roux sagen, ihre Platte hatte ausser den 4 tollen Singles nur Füllmaterial, Little Boots fast genauso. Die Texte sind an einigen Stellen oft "Banane", und die englischen Passagen wirken nicht sonderlich cool, sondern eher "strange" (z.B.: "komm zu mir nach Haus, i'll make you scream!"). Das Problem ist auch das alle Songs das gleiche Thema haben- Liebe und Songs, mal will Aline Sex zu dritt, dann doch lieber Champagner und Erdbeeren, und ein Fußmassage. Trotzdem ist es im Endeffekt ein nettes Pop-Album das zB Mia.s Willkommen im Club völlig in den Schatten stellt, nicht wirklich schlechter als zB Little Boots ist, aber deutlich schwächer als Julis In Love, und natürlich Meilen entfernt von Robyns Body Talk oder Bands wie MGMT. Wovon sollen wir träumen wird aber dennoch zu Recht als eins der besten Songs und Videos von 2011 sein.