6. Januar 2009

"Die Drum Machine wartet nicht"

Interview geführt von

Die englischen Krautrocker aus Brighton erweitern ihre Band sukzessive. Nicht nur, dass sie von anfangs zwei Musikern auf vier expandierten, inzwischen touren sie auch durch die ganze Welt. Bis vor kurzem war das noch anders, da gingen sie nebenher ihrer Arbeit nach.Technische Probleme begleiten das Interview von Anfang an. Zunächst verschiebt sich der Termin diverse Male, dann wird auch noch aufs Telefon umgesattelt, weil Sänger und Gründungsmitglied David Best krank ist und nicht nach Berlin kommen kann. Allen Hindernissen zum Trotz klappt es am Ende aber doch, wenn auch mit Unterbrechungen.

Hey David, wie geht’s dir? Du warst krank?

Mir gehts besser, danke!

Wo bist du gerade?

Ich bin daheim, in Brighton. Komischerweise, normal bin ich nicht so oft hier.

Warum heißt euer Album "Lightbulbs"?

Das bezieht sich auf Zeichentrick-Charaktere. Wenn die eine Idee haben, dann leuchtet eine Glühbirne über ihrem Kopf. Jeder Song ist eine andere Glühbirne. Das ist der grobe Gedanke dahinter. Und außerdem geht es um die Ästhetik einer Glühbirne, ich dachte das gibt ein gutes Cover ab. Im Lied "Lightbulbs" geht es um Häuslichkeit und eigentlich ungewöhnliche Themen für ein Lied. Über die Rolle von Männern und Frauen in ihrem Zuhause. Also kein normaler Rock'n'Roll-Song.

Um was geht es da?

Es geht darum, wie ich abspüle, während meine Freundin die Glühbirnen austauscht. Die eingefahrenen Rollen zu vertauschen, dass der Mann den Müll rausbringen muss und die Frau den Tisch deckt. Das ist auf den Kopf gestellt und mit einem Liebeslied verbunden. Also kein normales Lied! (lacht)

Wie viel spielt ihr selbst ein, und wie viel mixt ihr elektronisch dazu?

Alles ist eingespielt. Auch live, es gibt keine Backingtracks, wie bei anderen Gruppen. Wir sind jetzt fast wie eine echte Band, alles ist live gespielt. Auf dieser Platte haben wir versucht, von copy & paste loszukommen. Wir waren ursprünglich eher eine elektronische Band, und wenn du Techno-Platten machst, dann machst du viele Wiederholungen und kopierst viel. Und diesmal haben wir versucht, eine echte Live-Platte zu machen. Deshalb sind vielleicht mehr Fehler drin, aber dafür ist es ehrlicher. Wie in den 50ern diese großartigen Musiker: Die haben es eingespielt und fertig, das war's. Die waren zu faul für Computer.

Nach eurem Debüt "Electro Karaoke In The Negative Style" kam 2005 Matt Hainsby dazu, mit dem ihr "Transparent Things" aufnahmt. Jetzt kam Lee Adams für "Lightbulbs". Ihr habt scheinbar für jedes Album ein neues Band-Mitglied?

(Lacht) Ja, wer kommt als nächstes?

Wie kamt ihr zu Lee Adams und warum?

Steve wollte schon lange einen Drummer dazu nehmen. Aber ich war nicht sicher. Und wenn wir jemals einen nehmen dann Lee, weil wir schon eine Weile befreundet sind und er ein wirklich guter Drummer ist. Wir haben schon so viele Shows mit einer Drum Machine gemacht, aber mit einem echten Drummer zu spielen macht einfach viel mehr Spaß. Und es ist weniger stressig. Weil wenn du falsch spielst, kannst du der Drum Machine nicht klarmachen, dass sie warten soll. Außerdem ist es immer gut, neue Leute reinzubringen. Wenn du um die Welt reist, dann hat jeder seine eigene Nische. Und ein neues Mitglied verändert die Dynamik. Nicht nur beim Klang, sondern auch in den Beziehungen der Leute.

Also braucht ihr wirklich ein neues Mitglied zum nächsten Album.

David Best: Ja, vielleicht eine Bläser-Sektion, das wollte ich schon immer.

"Wenn ich jünger wäre ..."

Eure Lieder waren ja auch in Werbespots für Jaguar und Miller Lights. Wie war das Gefühl, sich selbst im Fernsehen zu sehen und zu hören?

Ich schaue eigentlich nicht so viel Fernsehen. (lacht) Ich hab es nur einmal gesehen in der Halbzeit von einem Arsenal-Spiel. Aber jedesmal wenn es kam, hat mich meine Mutter angerufen: "David, du bist im Fernsehen!" (lacht) und ich so: "Naja okay. Gut." Die Sache ist einfach, du musst nehmen was du kannst. Wenn ich jünger wäre und in der selben Position, dann wäre ich vielleicht nicht so begeistert davon. Dann hätte ich mir vielleicht überlegt, ob das Verrat wäre. Aber niemand kauft Platten. Und wenn du Musiker sein willst und so ein Angebot kommt daher, dann musst du zugreifen. Das erreicht enorm viele. Zumindest, wenn man ab und zu Fernsehen schaut.

An dieser Stelle bricht die Telefonverbindung zusammen. David Best ruft noch verzweifelt "Hallo, Hallo", hört aber offensichtlich nichts mehr. Es liegt wohl an meinem Gerät, denn ich bin erstmal nicht zu erreichen. Erst gefühlte 20 Minuten später geht wieder was und nach einigem Hin und Her steht die Verbindung erneut.

Hey David, tut mir Leid, irgendwas stimmt mit meinem Telefon nicht.

Ich dachte es liegt an mir, aber dann war es wohl doch deines. Wo waren wir stehen geblieben?

Du hast mal gesagt, dass du dein Bild nicht überall haben willst. Warum?

Ja, das stimmt. Ich will keine Bilder von mir zeigen oder in Videos sein. Das interessiert mich nicht. Dafür bin ich nicht in einer Band. Ich will Musik machen. Und ich mochte schon immer Bands, die das so machten. Wie Joy Division, die nie Bilder auf ihren Covern hatten. Das macht es mysteriöser, du hast nur ein Cover und weißt nicht, wie die Leute eigentlich aussehen. Das finde ich sehr interessant.

Geht es darum, dass du nicht berühmt werden möchtest?

(Lacht) Ich dachte bisher nie, dass ich je berühmt werden könnte. Selbst jetzt ist es besser, als ich je gedacht hätte. Manchmal erkennen dich die Leute, wenn du einen Gig spielst oder auf einem Festival rumläufst. Das ist gut, weil die Leute nett zu dir sind und es toll ist, Menschen zu treffen. Aber das brauche ich nicht. Ich will nicht, dass die Leute zu mir kommen und sagen, "Hey, du bist toll! Du bist großartig." Das ist nur das Nebenprodukt des Albums. So wie alles, oder nicht? Du machst ein Album und alles andere ist Zusatz.

Willst du dann, dass sie sagen: "Hey, dein Album ist Klasse"?

Ich will nicht, dass sie etwas sagen, was sie nicht auch denken. Nein. Das ist nett, aber ich brauche es nicht, verstehst du? Wenn sie sagen, es war schrecklich, dann mache ich es trotzdem. Nur um sie zu ärgern.

"Wir haben alle im gleichen Büro gearbeitet"

Was hast du vor der Band gemacht?

Bis vor 18 Monaten haben wir noch voll gearbeitet. Ich war seit vier Jahren in einem Büro, und davor war ich im Postamt und habe nachts Briefe sortiert. So wie jeder andere auch. Versuchen, so viel Geld wie möglich zu verdienen, die Miete zahlen und dabei Musik machen.

Und die anderen Bandmitglieder auch?

Wir haben alle im gleichen Büro gearbeitet (lacht). Wir überlappten uns. Steve war zuerst da, dann kam ich dazu, dann ging Steve, dann kam Matt. Wir haben uns zu oft gesehen. Aber Matt war auch mal Dekorationsmaler und Steve war Musiklehrer für Menschen mit Lernschwierigkeiten, das ist ein ganz netter Job. Und Lee hat in einer T-Shirt-Druckerei gearbeitet. Wir hatten alle lustige Jobs.

Hat es sich gelohnt, sich voll auf die Musik zu konzentrieren?

Ja, das war gut! Es ist anders. Wir arbeiten jetzt härter als damals, als wir noch beides gemacht haben. Weil wenn du im Büro warst, konntest du deinen Tagträumen über die Band nachhängen und du hattest Zeit, darüber nachzudenken, was du machen willst. Es ist nicht so intensiv. Aber jetzt ist jeder Tag ein Musiktag. Was toll ist, aber das ist auch komisch. Ich weiß nicht, ich kann das nicht beschreiben. Aber "Lightbulbs" ist das erste Album, an dem wir durchgehend gearbeitet haben. Bei "Transparent Things" haben wir es am Wochenende gemacht oder am Abend, wenn wir frei hatten. Wir haben so viel getourt, wir waren so gut wie überall auf der Welt. Darüber bin ich sehr glücklich.

Wieder bricht die Verbindung fast zusammen, David versteht nur noch lustige Geräusche. Wir einigen uns auf eine letzte Frage, bevor es zu spät ist.

Was sind jetzt eure Pläne für die Zukunft?

Wir werden eine touren. Wir spielen ein Konzert in London mit TV On The Radio, das wird gut, dann gehen wir nach Italien, Holland, Belgien, zurück in die Staaten und kommen nach Deutschland. Die nächsten sechs Monate touren wir und danach stecken wir unsere Köpfe zusammen und machen das nächste Album. Darauf freuen wir uns. Adam Lee wird präsenter darauf sein. Wir wissen noch nicht genau, wie es wird, aber ich persönlich bin in der Stimmung, etwas ganz anderes zu machen. Ich weiß nicht wie oder was, aber wir haben jetzt zum Glück ein paar Monate um darüber nach zu denken. Wir geben viele Konzerte! Wir gehen auch nach Australien, übrigens.

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