laut.de-Biographie
Dea Bbz
"Sobald ich merke, dass es mir gerade richtig blöd geht, hole ich direkt mein Handy raus und schreibe auf, was gerade Wirres in meinem Kopf vor sich geht. Oftmals landet das dann in meiner Musik", beschreibt Dea Bbz im Mzee-Interview ihre alltägliche Coping-Strategie. Früher habe sie ihr Heil in den Drogen gesucht, eine dysfunktionale Vorgehensweise, wie sie sich rückblickend eingesteht. "Man entwickelt sein Leben lang Bewältigungsstrategien, um zu überleben, und ist sich dessen oft nicht bewusst. Mittlerweile setze ich sie gezielt ein, anstatt einem selbstzerstörerischen Impuls nachzugehen."
Die Stuttgarterin wird Ende der 1990er geboren. Über ihren Bruder stößt sie auf die Rapper des Labels Aggro Berlin. Sido, Bushido und Kitty Kat gehören zu ihren frühen Einflüssen, später findet sie Gefallen an Haiyti oder Shacke One. Aus den Vereinigten Staaten bewundert sie etwa die frivole Cupcakke. "Die Bitch kann rappen und spricht Themen an, bei denen sich Nicki Minaj einkacken - oder gar ertappt fühlen würde", schildert sie gegenüber Mzee. Dank einer generellen "anglophilen Veranlagung" hört sie zudem UK-Rap insbesondere von Slowthai, der später auch ihren eigenen Sound beeinflusst.
Über Tumblr sammelt sie in ihrer Jugend Kontakte im Vereinigten Königreich. Mit 15 Jahren fliegt sie erstmals nach England. Aus dem geplanten Sommer entwickeln sich immer längere Aufenthalte. "Sehr viel Day-Drinking, sehr viel dumme Scheiße machen", hätten damals auf ihrer Agenda gestanden, die sie mit einem Dreiklang zusammenfasst: "Frei sein, jung sein, dumm sein." So pendelt sie zwischen Stuttgart und Manchester. Ihre Mutter möge es missbilligt haben, zugleich habe sie die Entscheidung toleriert. "Die hat jetzt auch nie die Bullen gerufen: 'Bringt mir mein Kind wieder!'"
Eine große Rolle für ihren Werdegang spielt zudem die Psychotherapie, die sie jedem ans Herz legt. "Ich habe eine Verhaltenstherapie speziell für instabile Persönlichkeitsstörungen gemacht und da erlernt man funktionale Bewältigungsmechanismen und wie man in Hochanspannungssituationen handelt", schildert sie bei Mzee. Ihr mittlerweile verstorbener Psychotherapeut ist es auch, der sie dazu animiert, ernsthaft eine künstlerische Laufbahn einzuschlagen. "Er hat mir geholfen, herauszufinden, wie wichtig Musik für mich ist, denn am Anfang habe ich das selber noch nicht so ernst genommen."
Nachdem sie ab 2018 erste Songs für sich selbst aufgenommen hat, traut sich Dea Bbz im Frühjahr 2023 mit der Single "Bitches & Hoes" an die Öffentlichkeit, die noch einem eher klassischen Boombap-Soundbild folgt. Die folgenden Songs "Eh Besser", "Sternzeichen" und "Urbis" schlagen zunehmend eine elektronische Richtung ein. Mit dem befreundeten MC Bomber erscheinen "Eiszapfen" und "FKK" auf dessen Album "Babylon". Auf "Eckzimmer" gastiert grim104. Im Spätsommer veröffentlicht sie ihre Debüt-EP "Es Eskaliert Eh" über Goji Records.
Die EP sei "sehr lustig, auf die Fresse, sympathisch dümmlich verpackt, aber mit einer deepen Message dahinter", charakterisiert sie gegenüber Backspin. Ihre ungeschönten Songs drehen sich um ihre Jugendzeit, erlittene Traumata, mitunter auch Sexarbeit. "Ich finde das mega befreiend", offenbart sie die empowernde Wirkung ihrer Offenherzigkeit. "Sollen die's doch wissen." 2024 tritt sie bei der Tapefabrik und der rbb Clubnacht auf, nimmt "Bass" mit grim104 und "Drück" mit Yung FSK18 für "Lost Vegas" auf und veröffentlicht im Selbstvertrieb die EPs "Isso" und "YOB".
Finanzieller Erfolg sei bei alledem nicht der "Urantrieb", versichert sie Backspin. "Wichtig ist, dass ich in mir selbst eine Weiterentwicklung stetig sehe - und die sehe ich bis jetzt auch." Und an wen richtet sich ihre explizit getextete Musik zwischen House, Trance und Hardcore? An Menschen, "die atzigen Rap wertschätzen als auch auch Rap mit 'ner Message dahinter" sowie solche, die "ein bisschen krank im Kopf" seien. Die "finden das richtig geil". Und wer sollte lieber die Finger von Dea Bbz lassen? "Wenn ihr Fanta 4 feiert, dann mögt ihr wahrscheinlich meine Musik nicht."
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